■ Aufsicht über Post und Telekommunikation
: Chef aus der SPD?

Berlin (taz) – Bundestag und Länder einigten sich gestern knapp auf ihren Kandidaten für den künftigen Oberaufseherposten über Post und Telekommunikation. Im sogenannten Regulierungsrat sitzen 16 Vertreter des Bundestages und 16 aus den Bundesländern. Der Rat schlägt der Bundesregierung Präsidenten und Vizepräsidenten der neuen Aufsichtsbehörde vor. Mit 17 Stimmen vorn lag gestern der Kandidat der SPD, Arne Börnsen. Er ist bisher der Vorsitzende des Bundestags- Postausschusses. Doch auch CSU-Mitglied Klaus-Dieter Scheurle, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Post und Telekommunikation, konnte 15 Stimmen sammeln.

Das bisher zuständige Ministerium von CSU-Mitglied Wolfgang Bötsch wird zum Ende des Jahres aufgelöst. Die neue Regulierungsbehörde wird dann anstelle des Ministers Vorschriften erlassen. Sie soll auch das Funktionieren des Wettbewerbs bei Brieftransporteuren oder Telefonanbietern überwachen. Den endgültigen Beschluß zur Person des Chefs wird das Bundeskabinett fällen. Ein Zeitpunkt steht noch nicht fest. Die Bundesregierung kann auch einen eigenen Kandidaten einsetzen.

Um die Aufsicht wird seit geraumer Zeit gerangelt. Die Industrie hätte gerne den bisherigen Präsidenten des Bundeskartellamtes in Berlin, Dieter Wolf, auf dem Posten gesehen. Denn die Deutsche Telekom beherrscht bei der Übertragung von Gesprächen und Daten in Deutschland den Markt. Die privaten Konkurrenten hätten sich von Wettbewerbshüter Wolf erhofft, daß der Monopolist Telekom auch Mitbewerbern ihren Anteil am Übertragungskuchen läßt.

Die Industrie wird jedoch in dem neuen Kontrollamt auch so genügend zu melden haben. Schließlich wird es zwei Vizepräsidenten geben. Laut dem gestern tagenden Regulierungsrat sollen diese an Vertreter der Telekomindustrie gehen: einmal an Bernd Jäger, bisher Geschäftsführer des Verbands privater Netzbetreiber (Anga), sowie an Gerhard Dieterle, der bisher bei der Viag Interkom, einer Tochter der Viag/Bayernwerke, der Deutschen Telekom Kunden abjagen wollte. Reiner Metzger