Angst als Erfolgsrezept

■ Behörden nehmen Kriegsflüchtlingen aus Bosnien die Pässe ab, um sie zur Rückkehr zu zwingen. Strafandrohung und alle vier Wochen Meldetermin

Um sie zur schnelleren Rückkehr zu bewegen, werden in Berlin lebende bosnische Bürgerkriegsflüchtlinge bereits seit Monaten permanent unter Druck gesetzt. Dies bestätigt eine Veröffentlichung des Berliner „Aktionskreis gegen Abschiebungen“, der seit November 1996 Schicksale von mehr als 40 Flüchtlingen dokumentierte.

Den Flüchtlingen seien bereits die Pässe abgenommen worden, berichtete gestern Karin Hopfmann, flüchtlingspolitische Sprecherin der PDS, die den Aktionskreis unterstützt. Fast automatisch würde in ihre Papiere die Aufforderung eingestempelt, zum nächsten Meldetermin „Rückreisetickets“ vorzulegen. Ausreiseaufforderungen wurden unter Androhung von Geldstrafen ausgesprochen. „Die Leute müssen sich zum Teil alle vier bis acht Wochen bei der Ausländerbehörde melden“, so Hopfmann.

Was das bedeutet, schildert die Dokumentation unter anderem am Fall eines 73jährigen krebskranken Mannes. Salih B. war 1994 aus dem zwei Jahre zuvor serbisch besetzten Bijeljina in Bosnien vertrieben worden. Er hielt sich tagelang in Wäldern versteckt, erreichte dann bereits totkrank Berlin, wo ihn seine Tochter Jasmina seitdem pflegt.

Im Oktober vorigen Jahres wurde Salih B. auf der Ausländerbehörde der Paß abgenommen, er als Alleinstehender der ersten Rückkehrphase bosnischer Kriegsflüchtlinge zugeordnet und einer Meldepflicht unterworfen. Salih B. kann die Wege zur Behörde selbst nicht mehr wahrnehmen. Erst vor wenigen Tagen konnte seine Tochter stellvertretend bei der Ausländerbehörde wenigstens eine letztmalige Duldung für ihn bis zum 23. Juli erwirken.

Statt eine vernünftige Rückkehrberatung zu unterstützen und zu finanzieren, setze der Senat weiter auf die allgemeine Angst der Flüchtlinge, kritisierte auch Herwig Matzka vom Aktionskreis. Jene registrierten sehr wohl die vom Senat unter dem Druck von Berlins leeren Kassen geschürte Mißstimmung bei der deutschen Bevölkerung. Einige fürchten bereits Übergriffe im Zusammenhang mit den angedrohten Streiks der Bauarbeiter, so Hopfmann. Kathi Seefeld