American Pie
: Shaq macht Urlaub

■ Der Abschied der Los Angeles Lakers

And do you have faith in god above

Den Mai 1997 hatten sich die beiden Jerrys von den Los Angeles Lakers erheblich anders vorgestellt. Nachdem das Experiment mit dem Magic-Johnson- Comeback in der letzten Saison einigermaßen kläglich fehlschlug und die Mannschaft schon in der ersten Playoff- Runde gegen Houston ausgeschieden war, hatte Besitzer Jerry Buss tief in den Geldschrank gegriffen. Für 120 Millionen Dollar lockte Generalmanager Jerry West Shaquille O'Neal aus Orlando nach L.A. Weitere 49 Millionen wurden für Elden Campbell lockergemacht. Ein geschickter Handel mit Charlotte bescherte den Lakers zudem das 18jährige Riesentalent Kobe Bryant. Einer Neuauflage der alten Showtime im Great Western Forum schien nichts im Weg zu stehen.

Die Rechnung war jedoch ohne Utah Jazz gemacht. Die Veteranen um Karl Malone (33) und John Stockton (35) setzten dem jugendlichen Überschwang ihre Ruhe und Erfahrung entgegen und gewannen die Serie mit 4:1. Ausgerechnet in den Playoffs verfiel die Spielkultur der Lakers. „Wir sind in einer schlechten Form“, gab Spielmacher Nick van Exel zu, der sich selbst in eine Kontroverse mit Coach Del Harris verwickelt sah, als dieser ihn in Spiel vier schon nach zwei Minuten vom Feld nahm. Ein Mißverständnis, meinte Harris, aber van Exel war beleidigt und ist nun davon überzeugt, daß seine Tage in Los Angeles gezählt sind. Dasselbe dürfte allerdings auch für Harris gelten.

Bleiben wird sicher Kobe Bryant, der nicht nur hervorragend spielt, sondern auch über eine Persönlichkeit verfügt, die ihn befähigen könnte, in Magics Fußstapfen zu treten. Schon jetzt war öfter zu beobachten, wie sich Del Harris auf der Bank nicht etwa mit Shaq oder van Exel beriet, sondern mit Kobe Bryant. Beim letzten Spiel in Salt Lake City, das die Lakers nach Verlängerung mit 93:98 verloren, bekam der Rookie jedoch erst mal gezeigt, was er noch zu lernen hat. Dazu ausersehen, die entscheidenden Würfe zu nehmen, fabrizierte er drei Airballs. Malone stellte derweil seelenruhig Utahs Sieg sicher. „Er ist ein junger Bursche“, nahm John Stockton den Lakers-Rookie in Schutz, und Malone meinte, in solchen Situationen werde man eben entweder zum Helden oder zum Esel. Rollen, die am Dienstag in Utah klar verteilt waren. Matti Lieske