Rapssaat wird rausgerupft

Ein kanadisches Saatzuchtunternehmen muß seinen Gentech-Raps vom Markt nehmen – und streitet nun mit dem Lizenzgeber, wer schuld hat  ■ Von Wolfgang Löhr

Berlin (taz) – Ein falsches Gen reicht – und schon ist das ganze Saatgut hin. Den Saatgutkonzern Limagrain traf es als ersten. Wie erst jetzt bekannt wurde, mußte der Konzern schon Ende April in Kanada sein gesamtes Gentech- Saatgut für herbizidresistenten Raps zurückbeordern, weil ein falsches Gen in die Rapssaat eingebaut worden war. Rund 60.000 Säcke mit Saatgut für eine Anbaufläche von beinahe 250.000 Hektar sind davon betroffen.

An die Rückrufaktionen von Waschmaschinenherstellern oder Autoproduzenten haben wir uns ja mittlerweile gewöhnt. Ein falsch konstruiertes Netzteil oder ein nicht ordnungsgemäß funktionierendes Radlager beispielsweise haben schon einige Unternehmen eine Menge Geld gekostet; den Imageschaden erst gar nicht mitgerechnet.

Doch das, was sich jetzt in Kanada abgespielt hat, kann als Weltpremiere bezeichnet werden. Es ist das erste Mal überhaupt, daß für genmanipuliertes Saatgut eine Rückrufaktion gestartet werden mußte. Der Grund dafür: Seine genetische Ausstattung entsprach nicht den Vorschriften.

Limagrain gehört zu den Großen in der Saatgutbranche. Mit einem Umsatz von 660 Millionen Mark ist das Unternehmen nach Pioneer Hi-Bred und Novartis drittgrößtes Saatgutunternehmen weltweit. Ausgestattet mit einer Lizenz des Chemiekonzerns Monsanto, züchtet und vermehrt Limagrain in Kanada Raps, das gegen das Pflanzengift Roundup widerstandsfähig gemacht worden ist.

Zwei verschiedene herbizidresistente Rapslinien, Typ 73 und Typ 200, waren von Monsanto entwickelt und im Freiland getestet worden. Doch von den kanadischen Behörden war nur die Rapslinie 73 für die Lebensmittelverarbeitung zugelassen worden. Bei einer Routineüberprüfung in den Labors von Monsanto stellte sich jetzt überraschenderweise heraus, daß die von Limagrain vertriebene Rapssorte mit dem Erbmaterial des nicht zugelassenen Typs, der Rapslinie 200, ausgestattet ist. Die kanadische Lebensmittelbehörde Food Inspection Agency zog daraufhin die Zulassung für Limagrains Rapssaat zurück.

„Und das ausgerechnet wenige Tage bevor das Saatgut ausgebracht werden muß“, klagen die Farmer, die jetzt erhebliche Schwierigkeiten haben, so schnell noch anderes Saatgut aufzutreiben. Zwei Farmer hätten bereits das Saatgut in die Erde gebracht, berichtet die kanadische Zeitung Western Producer. Ihre Felder müßten nun umgepflügt werden, damit die illegale Gentech-Saat nicht aufgehen kann.

Gestritten wird jetzt über die Schuldfrage. Monsanto-Sprecher Ray Molling zielt mit dem Zeigefinger auf Limagrain. Er vermutet eine Kontamination mit dem nicht zugelassenen Rapssamen bei der Saatgutvermehrung. Limagrain wehrt sich gegen die Vorwürfe von Monsanto. Sein Unternehmen sei nicht dafür ausgerüstet, eigene Analysen zu machen, meint Gary Baumann, Verkaufsleiter bei Limagrain. Das könne nur Monsanto selbst. Zudem „ist es uns noch nicht einmal erlaubt, in unseren eigenen Sorten die Monsanto-Gene zu untersuchen“.

Unklar ist auch noch die Schadenhöhe. Erste Prognosen kommen auf einen Verlust von etwa 15 Millionen Mark. Die Farmer müssen ja nicht nur anderes Saatgut benutzen, auch das Pflanzengift Roundup kann dann nicht mehr eingesetzt werden.