Das Drogen- Mantra

■ Seehofer verbietet neuen Weg in der Drogenpolitik

Sagt Eduard Lintner, der Bundesdrogenbeauftragte, die Unwahrheit? Er behauptet, die Abgabe von Heroin an Drogenkonsumenten in anderen Ländern hätte nichts genutzt. Das ist eine Lüge. Lintner sollte in die Schweiz oder nach England fahren.

Was das mit dem geplanten Kieler Modellversuch zu tun haben soll, in den Apotheken Schleswig-Holsteins versuchsweise Cannabis abzugeben, weiß der Himmel. Das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte hat das Experiment jetzt verboten. Die Berufung auf das Betäubungsmittelgesetz ist allerdings pure Heuchelei. Wenn bei den Verantwortlichen auch nur ein Funken guten Willens vorhanden wäre, könnte man schnell einen Gesetzentwurf einbringen, der zumindest einen Versuch erlaubte.

In Deutschland herrscht die Prohibition. Das ist politisch so gewollt. Das Argument der drogenpolitischen Hardliner, die kontrollierte Abgabe von berauschenden, aber, im Gegensatz zu Nikotin und Alkohol, nicht abhängig machenden Genußmitteln sei ein „verheerendes Signal“ für die Prävention, glaubt doch niemand mehr: Prävention ist so beliebt bei den Drogenpolitikern, weil sie garantiert ein gutes Gewissen verschafft, das Böse in Gestalt psychotropher Substanzen bekämpft zu haben, aber niemand den zweifelhaften Erfolg kontrollieren kann.

Ein positives Signal wäre gewesen zu akzeptieren, daß ein großer Teil der Deutschen Cannabis-Produkte konsumiert und daß Haschisch überall billig und gut zu bekommen ist. Was hätte denn in Schleswig-Holstein passieren können? Ganz einfach: Erlaubte man den Modellversuch, hätte man bald den wissenschaftlich abgesicherten Beweis, daß kontrollierte Abgabe von Cannabis-Produkten den Verbrauchern nicht schadet und daß die Zahl der „Erstkonsumenten“ sinken würde – wie in Holland. Natürlich kann das sogar jemand wie Lintner vorhersehen. Und deshalb wettert er gegen alle Versuche, die Prohibition zu lockern.

Es wird, solange diese Bundesregierung im Amt ist, keine Liberalisierung der deutschen Drogenpolitik geben. Es gibt nur eine schwache Hoffnung, daß sich nach 25 Jahren ermüdender drogenpolitischer Diskussion etwas ändern könnte: die biologische Lösung oder die Entscheidung der WählerInnen. Ceterum censeo: Legalize it! Burkhard Schröder