Unterm Strich

Ein architektonisches Schmuckstück ist sie nicht, die neue Deutsche Bibliothek in Frankfurt am Main, die gestern von Bundeskanzler Kohl so wie es sich gehört, nämlich feierlich, eröffnet wurde. Im Vergleich zu den Repräsentativbauten der Nationalbibliotheken in Paris und London sieht sie eher aus wie ein pädagogisch wertvoller Schulneubau aus den 80er Jahren: pragmatisch, flach und übersichtlich, zur Straße hin abgeriegelt, nach hinten freundlich und offen ins Grüne. Der Entwurf des Stuttgarter Architekturbüros Arat, Kaiser und Kaiser ging seinerzeit auch nicht als Sieger aus dem Wettbewerb hervor; die Jury hatte 1984 Entwürfe von Günter Behnisch und Färber und Hochstaedter favorisiert. Repräsentative Wucht entfaltet der Neubau dafür nach innen. Hier wird, unter einer großen Glaskuppel über der Eingangshalle, in einem unterirdischen Depot so ziemlich alles gesammelt, was in deutscher Sprache in einer Mindestauflage von 25 Stück erscheint – bis hin zu Kochbüchern und Amtsblättern. Neben verschiedenen Nachlässen liegt hier auch eine Sammlung deutschsprachiger Dokumente aus dem Exil der Jahre 1933 bis 1945. Sieben Millionen Bände wurden in den letzten Monaten in die insgesamt 240 Kilometer langen Regale eingeordnet, etwa tausend Titel kommen täglich hinzu. Geht es in diesem Tempo weiter, wird das Depot im Jahr 2035 gefüllt sein, vorausgesetzt, die Daten werden bis dahin nicht sowieso platzsparend elektronisch gespeichert. Daß die Titel bereits heute nur noch elektronisch abrufbar sind und die Holzkästen mit zerfledderten, speckigen Karteikarten der Vergangenheit angehören, versteht sich von selbst. Der Computer ist zudem mit den Katalogen von 35 großen Bibliotheken in Europa vernetzt. Die Deutsche Nationalbibliothek in Frankfurt wurde 1945 als westliches Pendant zu der in Leipzig angesiedelten Nationalbibliothek gegründet. Sie ist eine Einrichtung des Bundes, die vom Innenministerium jährlich mit 62 Millionen Mark finanziert wird. Nach 1990 beschloß eine Vereinigungskommission, die zukünftige gesamtdeutsche Nationalbibliothek in Frankfurt zu belassen. Eine Entscheidung, die von Regierung, Verlegern und Buchhändlern mit der Begründung unterstützt wurde, die Leipziger Bestände seien nach 1945 recht lückenhaft. Leipzig bleibt für die Restaurierung säuregeschädigter Bücher zuständig.

Nicht geschädigt, aber zu empfindlich für weitere Reisen ist Pablo Picassos berühmtes Antikriegsbild „Guernica“. Das 1937 entstandene Monumentalwerk über die Bombardierung der baskischen Stadt Guernica während des Spanischen Bürgerkriegs durch die deutsche Legion Condor wird nicht mehr ausgeliehen. Die Madrider Kunsthalle lehnte damit einen Antrag ab, das großformatige Gemälde im Herbst für die Eröffnung des Guggenheim-Museums in der baskischen Stadt Bilbão zur Verfügung zu stellen.