Frühling der Solarindustrie

Nach etlichen Abwanderungen planen nun mehrere Firmen, in der Bundesrepublik Photovoltaikzellen zur Stromgewinnung herzustellen  ■ Aus Berlin Hannes Koch

Heiße Phase bei der Solon AG im Berliner Bezirk Lichtenberg. Die Firma bereitet sich auf ihren Umzug in die neue Fabrik nach Kreuzberg vor – und auf den Start der Produktion von Solaranlagen. Ab Herbst sollen die Bauteile vom Band laufen.

Die Photovoltaikzellen, die das Sonnenlicht in elektrische Energie verwandeln, berichtet Solon-Vorstand Alexander Voigt, werde man zunächst noch bei anderen Herstellern kaufen. Doch ab 1999 werde seine Firma auch die Herzstücke der Sonnenkraftwerke zum größten Teil selbst fertigen. Um die gesamten Investitionen von rund 25 Millionen Mark zu finanzieren, sucht die Berliner Solarfabrik nun nach PrivatanlegerInnen, die Solon-Aktien kaufen wollen.

Vor zwei Jahren sah es noch so aus, als werde die Bundesrepublik bei der Herstellung von Solaranlagen zur Stromerzeugung auf den Stand eines Entwicklungslandes herabsinken. Die Daimler/Nukem-Tochter ASE hatte gerade ihre Produktionsstätte in Wedel bei Hamburg geschlossen, übrig blieb die Fertigung in Heilbronn und Alzenau. Siemens Solar fertigt seine Zellen, die technisch aufwendigen Herzstücke der Anlagen, nur noch in den USA und importiert die High-Tech-Platten in die Bundesrepublik. Die etwa drei Dutzend mittelständischen Solarbetriebe hierzulande bauen zwar die Anlagen, sind zumeist jedoch auf die Einfuhr der blauen und roten Scheiben angewiesen.

Bald aber könnte die Produktion der Zellen in großem Maßstab in der Bundesrepublik stattfinden. Neben der Solon AG planen mindestens drei weitere Firmen den Aufbau einer Zellenproduktion.

„Bei uns sieht es sehr gut aus“, sagt Uossama Cheab von Pilkington Solar in Köln. Bis Ende Mai will man entscheiden, ob sich eine Zellenfabrik im nordrhein-westfälischen Gelsenkirchen lohnt. Wenn die Landesregierung von Sachsen-Anhalt die notwendigen Zuschüsse endlich überweist, kann auch die RAP Mikrosysteme GmbH im Harzstädtchen Wernigerode zum Jahresende die Produktionsbänder probeweise anlaufen lassen.

Woher der Frühling der Solarindustrie kommt? „Die Nachfrage nimmt ganz erheblich zu“, erklärt Wolf von Fabeck, Geschäftsführer des Solarenergie-Fördervereins in Aachen. Seit rund 30 Kommunen und Stadtwerke den privaten Betrieb von Solaranlagen subventionieren, höhere Preise für den Strom zahlen, der ins öffentliche Netz eingespeist wird, lohnt es sich, die Zellen aufs Hausdach zu montieren. Ein übriges tun die 1996 verdreifachten Zuschüsse von Bund und Ländern für den Anlagenbau.

„Gegenwärtig werden hierzulande jährlich Solaranlagen mit einer Leistung von vier bis acht Megawatt neu angeschlossen“, weiß Pilkington-Mitarbeiter Cheab. ASE hat als einziger nennenswerter Hersteller 1996 aber nur Zellen mit weniger als einem Megawatt produziert. Mit Bayer Solar in Freiberg/Sachsen, einer Tochter des Chemiekonzerns Bayer AG, gibt es in der Bundesrepublik auch nur einen Vorlieferanten, der die sogenannten „Wafer“, das siliziumhaltige Ausgangsprodukt für die Zellen, fertigt. Es klafft im Inland eine Lücke zwischen großer Nachfrage und geringem Angebot.

Diese wollen die geplanten Solarfabriken schließen. Innerhalb von vier bis fünf Jahren steige der Jahresbedarf auf 20 Megawatt, prognostiziert Pilkington. Durch die beginnende Fertigung in Großserien sinke gleichzeitig der Produktionspreis der Zellen, was wiederum die Nachfrage verstärke. Die würde Pilkington am liebsten komplett selbst befriedigen: Man plant, „5 bis 25 Megawatt jährlich herzustellen“, sagt Uossama Cheab. Doch da sind auch die Solon AG (Produktionsziel 2000: 5 Megawatt), ASE (bis zu 20 Megawatt), RAP und möglicherweise weitere Konkurrenten.

Schnell könnten die jungen Firmen um die Marktanteile streiten. „Die Branche steht auf wackligen Füßen“, fürchtet Wolf von Fabeck vom Förderverein. Ganz besonders, wenn die mächtigeren Anbieter wie Siemens und ASE die Preise senken, um die neuen Firmen niederzukonkurrieren. Helfen könne, so Fabeck, eine noch schneller steigende Nachfrage. Deshalb fordert er, daß die kostendeckende Subventionierung der Solaranlagen von den einzelnen kommunalen Inseln in das bundesweit gültige Einspeisegesetz übernommen werden muß.