Karge Worte für dicke arme Kinder

■ Kinderschutzorganisationen klagen Befolgung der UN-Konvention ein Von Kerstin Meier

Hamburgs Kinder werden immer dicker, und schuld daran ist, so mahnte gestern Hamburgs Gesundheitssenatorin Helgrit Fischer-Menzel, die ungesunde Ernährungsweise der Kids. Statt Salat oder Körnerkram stopfen die sich lieber mit Pommes und Chips voll. Besonders alarmierend: Während 1987 „nur“ jedes 23. Kind im Alter von sechs Jahren übergewichtig war, hatte 1993 bereits jedes 16. Kind reichlich zuviel auf den Rippen. Die Kinder werden aber nicht nur immer dicker, sie werden auch immer ärmer. Jeder dritte Sozialhilfeempfänger Hamburgs ist inzwischen jünger als 18 Jahre.

Mit dem gestern vorgestellten Bericht der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) zur „Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Hamburg“ sollte „erstmals und bundesweit einmalig“ ein Resümee der Entwicklungen in den Zielbereichen vorgestellt werden, für die „besonderer Handlungsbedarf“ bestehe. So konnte zwar die Säuglingssterblichkeit gesenkt worden, es werden weniger untergewichtige Babys geboren und – unerwarteterweise – hält „der Trend zu gesunden Zähnen“ an. Verschlimmert hat sich allerdings – neben der Fettleibigkeit – besonders der Alkoholmißbrauch von Jungen, der „noch nicht auf das Niveau der Mädchen gesenkt“ werden konnte. Zum brisanten Thema des sexuellen Mißbrauchs hatte die Senatorin nur karge Worte zu bieten: „Es soll dafür gesorgt werden, daß die Risiken für Gewaltanwendung gegen Kinder und für sexuellen Mißbrauch vermindert werden sowie die Früherkennung weiter verbessert wird.“

Um die gesundheitliche Situation von Kindern und Jugendlichen weiter zu verbessern, schlug Fischer-Menzel vor, daß „verschiedene Personen und Institutionen im Hamburger Sozial- und Gesundheitswesen Bündnisse schaffen und gemeinsam mit Partnern Handlungskonzepte entwickeln“. Im Klartext: Angestrebt ist eine „intersektorale Zusammenarbeit“, wie zum Beispiel zwischen Jugendhilfe und öffentlichem Gesundheitsdienst.

Weitreichender waren da die Forderungen auf dem gemeinsamen Aktionstag der Kinderschutzorganisationen „terre des hommes“ (tdh), „unicef“ und dem Deutschen Kinderschutzbund. Anlaß war die von tdh und der deutschen Sportjugend organisierte „tour des hommes“, einer „Fahrradtour für Kinderrechte“ durch 17 deutsche Städte, die gestern in Hamburg Zwischenstation machte. Die Kinderschutzorganisationen warfen dem Hamburger Senat vor, „bisher kaum Anstrengungen“ unternommen zu haben, die 1989 von der UN-Vollversammlung verabschiedete Kinderrechtskonvention zu erfüllen. Die Konvention betont das Recht der Kinder auf Gesundheit, Schulausbildung, Schutz vor (sexueller) Gewalt und das Recht auf Freizeit und Mitbestimmung.