Ganz dicker Verdacht

■ Engholms SPD-Konsorten unter Druck / Neue Zeugenaussagen sorgen für Dampf

Langsam wird es eng für die in Schleswig-Holstein regierenden Sozialdemokraten. Die unendliche Barschel-Affären-Folgeaffäre gerät pünktlich zum Vorwahlkampf-Sommer in ihre entscheidende Phase. Im Schubladenausschuß geht es immer noch um die Frage, wann SPD-Spitzenleute was erfahren haben. Der Verdacht wird immer dicker. Es sieht so aus, als hätten Björn Engholm und seine Kumpels schon im Frühjahr 1987 von Reiner Pfeiffers schmutzigen Tricks gewußt. Zur Erinnerung: Das hochbetroffene Opfer spielte der sozialdemokratische Kurzzeit-Hoffnungsträger erst im Herbst 1987.

Gestern plauderte die ehemalige Sekretärin des Kieler Kunsthallen-Diketors vor dem Untersuchungsausschuß aus dem Nähkästchen. Nach ihren Aussagen – und der anderer, bereits vernommener Zeugen – wurde in Kieler Künstlerkreisen bereits im Frühjahr 1987 offen von den CDU-Wahlkampf-„Machenschaften“ gesprochen. Die Ex-Sekretärin will gehört haben, daß Engholm mit dem Kunsthallenchef sogar über Details der späteren Affäre gesprochen hat. Sie habe sich später gewundert, daß Engholm die Sachen „nicht im Wahlkampf ausgeschlachtet“ habe.

Aber vielleicht hat er das ja. Politische Beobachter in Kiel gehen davon aus, daß mit dem Herannahen des nächsten Landtagswahltermins am 24. März 1996 immer mehr Details über ein frühes Mitwissen der Spitzensozis bekannt werden: „Da kommt noch was.“ Selbst die Parteibasis traut ihren Vormännern nicht mehr. Das mußte Fraktionsvorsitzender Gert Börnsen vor wenigen Tagen erfahren. In einer Kampfabstimmung verlor er seinen seit 20 Jahren angestammten Direktwahlkreis Kiel-Mitte an einen völlig unbekannten Erneuerer. Jürgen Oetting