Die Neustadt als „Zukunfts-Quartier“?

■ Politisch korrekt, aber keine Öko-Nische: Die „Lokale Agenda 21“vor Ort, diesmal mit Projekten links der Weser

Ob die Neustadt im Jahr 2010 im Verkehr erstickt, kaum noch Einzelhandelsläden hat oder zum Ghetto für sozial benachteiligte Bürger wird, hängt von den Weichen ab, die heute gestellt werden. Der Stadtteil wurde im vergangenen September vom Bremer „Runden Tisch“im Rahmen der „Lokalen Agenda 21“zum „nachhaltigen Quartier“erklärt. Hier soll exemplarisch aufgezeigt werden, daß Bürger und lokale Verwaltung ihren Stadtteil selbst ökologisch, wirtschaftlich und sozial positiv verändern können. Zu einem der ersten planerisch angeschobenen Projekte gehört die Umgestaltung des Neuen Marktes. Hier soll ein Bauernmarkt mit Produkten aus dem Bremer Umland angesiedelt werden. Die Projekte der „lokalen Agenda“werden aus den Ressorts finanziert.

„Die Neustadt hat als Stadtteil mit vielen Initiativen die besten Voraussetzungen“, sagte Sunke Herlyn, Leiter der Stadtentwicklung beim Bausenator. Der heute sozial noch weitgehend durchmischte Stadtteil mit seinen über tausend Kleinbetrieben soll nach der Jahrtausendwende nicht zur elitären Öko-Nische werden. „Die Menschen hier, von ehemaligen Hausbesetzern bis zu etablierten Kaufleuten, können und sollen direkt vor ihrer Haustür aktiv werden“, forderte Klaus Peter Fischer, Leiter des Ortsamtes Neustadt-Woltmershausen. Der Beirat des Ortsamtes hat den Zielen der „Lokalen Agenda“, die 1992 bei der internationalen Klima-Konferenz in Rio de Janeiro aufgestellt wurden, bereits zugestimmt.

Anlaufstelle für das „nachhaltige Quartier“ist die „Planungsgruppe vor Ort“am Neuen Markt. Wann dort die ersten Marktstände stehen werden, steht noch nicht fest. Zunächst muß der Platz für rund dreieinhalb Millionen Mark neu aufgepflastert werden, damit dort auch schwere Fahrzeuge stehen können. Unterhalb des Neuen Marktes befindet sich außerdem eine Bunkeranlage aus dem Zweiten Weltkrieg, die komplett mit Sand aufgeschüttet werden muß.

Der Neue Markt ist heute zu wenig belebt: Kein Café, keine Bänke, nur wenig Ladengeschäfte. „Von einem Markt könnte eine positive Sogwirkung ausgehen“, sagte Tom Lecke-Lopatta von der „Planungsgruppe“. Restaurants und Geschäfte könnten nachziehen. Bei der Neugestaltung des Platzes will auch die nahegelegene St. Pauli-Kirche mitmachen.

Ein weiteres Projekt des „nachhaltigen Quartiers“Neustadt ist eine neue Nutzungsform für die Coca-Cola-Halle auf dem Cometgelände am Kirchweg/Hardenbergstraße. Das Gelände wird heute zum Teil als Fuhrparkhalle des Roten Kreuzes genutzt und liegt ansonsten brach. „Das Areal könnte sehr günstig für örtliche Handwerksbetriebe zum Gewerbehof umgebaut werden“, schlägt Tom Lecke-Lopatta vor. Die Handwerksbetriebe könnten mit ihren Büros in die oberen Etagen ziehen.

Die Grundsätze der „Lokalen Agenda 21“könnten auch bald auf Bremer Schulhöfen verwirklicht werden: Hier sollen lokale Fahrradwerkstätten für das ganze Quartier entstehen. emv