Schlesinger sieht schwarz

■ Die Pleite des 1. SC Norderstedt ist das Ende der Vision vom Hamburger Spitzen-Volleyball Von Folke Havekost

Kein befreiender Schmetterschlag half mehr gegen das fehlende finanzielle Aufbauspiel. Was sich nach dem Rücktritt von Manager Karl-Heinz Christesen vor zwei Wochen bereits abzeichnete, ist seit vorgestern abend Realität: Nach erfolgloser Sponsorensuche verabschiedet sich der 1. SC Norderstedt aus der Volleyball-Bundesliga.

Damit scheiterte der vorerst letzte Versuch eines Hamburger Vereins, in die Fußstapfen des HSV zu treten, dessen Volleyballer von 1985 bis 1988 die nationale Liga nach Belieben beherrschten, unter der Präsidentschaft von Jürgen Hunke jedoch aus dem Verein ausgegliedert wurden. Die gegründeten Nachfolgevereine blieben im Erfolg beschränkt – und arm. Der HLSV strauchelte 1991, der 1.VC Hamburg – 1992 immerhin Deutscher Pokalsieger – reichte seine Bundesliga-Lizenz 1994 an Norderstedt weiter. „Das ist einer der schwärzesten Tage meines Lebens“, kommentiert Trainer Bernd Schlesinger, der beide vorherigen Pleiten ebenfalls als Coach miterlebt hatte, „ich habe vier Jahre versucht, Volleyball in Hamburg wieder hoffähig zu machen.“

Mit einem schmalen 460.000 Mark-Etat ging der SCN in die Saison 94/95 und schaffte sportlich den Klassenerhalt. Zukünftig sollte nach dem Konzept Norderstedt 2000 durch die Aufstockung des Etats auf mindestens 600.000 Mark ein Platz in der Play-Off-Runde anvisiert werden. Mit Tombola und Cheerleading machte Christesen auf Show als Rahmenprogramm.

Hallen-Volleyball ist für Sponsoren dennoch wenig attraktiv. Der Trend geht zur Verstrandifizierung – Beach-Volleyball als vereinfachte und fernsehgerechtere Fun-Variante. Das Norderstedter Mini-Budget der abgelaufenen Serie hinterließ ein Loch von mindestens 100.000 Mark.

Kurzfristig wurde daraufhin ein Not-Etat von 350.000 Mark konzipiert, doch auch dafür fanden sich keine Geldgeber. Der 5.000 Mitglieder zählende Großverein 1. SC Norderstedt weigert sich prinzipiell, Beiträge für Spitzensport aufzuwenden, ist allerdings vor wenigen Wochen mit einem fünfstelligen Betrag in Vorlage getreten, um seit Monaten überfällige Gehälter zu zahlen. „Da wird sicher noch viel schmutzige Wäsche gewaschen“, ahnt Schlesinger. Spielmacher Uwe Körner übt bereits heftige Kritik an Christesen und Vorgängern: „Wir hatten vier glänzende Selbstdarsteller. Mit den richtigen Leuten hätte man Bundesliga-Volleyball in Hamburg finanzieren können.“