Es muß was ganz Wunderbares sein...

■ Am Sonnabend hat in Schmidts Tivoli die Operette Im Weißen Rößl Premiere

Der Piccolo liebt die Briefträgerin: so weit so gut. Alle weiteren Beziehungen gestalten sich schwierig Im Weißen Rößl. Corny Littmann und Christian Liffers inszenieren die Operette des Österreichers Ralph Benatsky, die 1929 uraufgeführt wurde, in Schmidts Tivoli als Gesamtkunstwerk: Die Kartenabreißer sind Liftboys, die Kasse wird zur Rezeption, und den Zuschauerraum erleuchten aparte Hirschköpfe mit roten Glühbirnen.

Die Geschichte dieses Operettenklassikers ist so herzzerreißend wie banal: Leopold ist Zahlkellner in einem Hotel am Wolfgangsee und verzehrt sich in Sehnsucht nach seiner Chefin. Die liebäugelt aber mit einem Rechtsanwalt, der wiederum... Gut, daß irgendwann der Kaiser höchstselbst die Szene betritt. Das gibt dem inzwischen arbeitslosen Gastronomiefachmann die Gelegenheit, seiner Ex-Chefin mal energisch die Meinung zu sagen. Da fehlt dann nur noch eine kleine kaiserliche Ermahnung zur Bescheidenheit und die patente Wirtin Josepha Vogelhuber erkennt, daß sie den Leopold als Herrn über Küche und Bett(en) braucht. Zum großen Finale stehen vier Paare kurz vor der Hochzeit und „das Glück vor der Tür“.

So gruselig vermieft die Geschichte anmutet, so mitreißend sind die Lieder: bekannte Schlager die meisten. Die Darsteller singen diese Gassenhauer, als wären sie ganz frisch und neu. Dazu spielen sie mit soviel Lust, daß man die Menschen auf der Bühne einfach sympathisch finden muß. Und so ertappt man sich dabei, hingebungsvoll einer Operette zu lauschen, die jahrzehntelang als Inbegriff des Kitschs galt.

Die taz sprach mit den Regisseuren Corny Littmann und Christian Liffers:

Das Weiße Rößl spielt am Wolfgangsee, ist diese Produktion eine Hommage an den Kanzler?

Liffers: Nein. Er fährt zwar gerne hin, aber was diese Operette angeht, hat er die Gnade der späten Nach-Rößl-Geburt.

Was ist an eurer Fassung des Weißen Rößls anders als bei herkömmlichen Inszenierungen?

Liffers: Vor allem ist anders, daß wir die Figuren sehr ernst nehmen, selbst wenn wir einige komödiantisch überziehen. Mit denen erzählen wir richtige Geschichten. Man muß Figuren finden, bei denen die Zuschauer denken: Ach ja, so einen kenne ich auch.

Dieses Stück verkörpert ungebrochen konservative Werte. Die Szene, als die Rößl-Wirtin endlich erkennt, wo ihr Platz ist, unter der Regie des Zahlkellners Leopold nämlich, ist das die geistig-moralische Wende am Spielbudenplatz?

Liffers: So hat Benatsky es geschrieben. Wir spielen das aber mit Distanz. Wenn die Männer sich aufplustern, geht das in die Hose: beispielsweise wenn Dr. Siedler wie Romeo die Leiter runterkommt und prompt hängenbleibt.

Littmann: Political correct ist das Stück nicht, aber wir trauen dem Publikum zu, es richtig einzuordnen. Iris Schneider

Premiere am 17. 6., 20 Uhr/ weitere Vorstellungen: 18.6., 19 Uhr sowie 21.6. bis 27.8., jeweils 20 Uhr