Ganz neu in der Denke

■ Die Actiontheatertruppe Fura dels Baus präsentiert die neue Mercedes-A-Klasse

Kaum ist der Winter weg, ist schon der Sommer da: An allen Ecken und Enden stehen interessant verpackte innerstädtische Erlebnisereignisse herum. Zum Beispiel der Kubus in der Alexanderstraße.

Der Kubus ist eine 18 x 18 x 18 Meter große Bühne aus Holz und dünnen Stahlseilen, die Mercedes der Stadt als „neues Wahrzeichen“ geschenkt hat und auf der der Automobilkonzern – unterstützt von der katalanischen Multimediaerlebnisereignistruppe La Fura dels Baus – noch bis zum Pfingstmontag seine neue A-Klasse präsentieren wird. Da Wahrheiten in Zeiten der Postmoderne nicht mehr so billig zu haben sind, steht das neue Wahrzeichen Berlins allerdings nur noch bis zum 19. Mai hier rum und wird dann weiterziehen, um anderen Städten auch ein schönes Wahrzeichen zu sein.

Der Kubus also. „Keine Bühne herkömmlicher Art“, so die PR- Info, sondern „ein Fest für die Sinne, das Kultur und Kommerz in neuartiger Weise verbindet.“ Die hölzernen Rohlinge der A-Klasse, die neben dem Kubus herumstehen, sollen von lokalen Kunstklassen „auf irgendeine Weise bearbeitet“ werden. „Keine Grenzen“ soll es dabei geben, „hier ist alles erlaubt“, erklärt Randi Klages, die hilfsbereite Kommunikatorin von Mercedes. Auch für die Kleinen ist gesorgt: Sie sollen aus Pappe ihre eigenen Gefährte mit einem „neuartigen Gummi-Antrieb“ bauen und Rennen damit fahren.

Im Innern des Kubus finden Diskussionen statt, denn Mercedes wünscht sich, „daß Menschen miteinander ins Gespräch kommen. Das muß gar nicht mal produktspezifisch sein.“ „Gesprächsangebote“ will Mercedes machen. Angenommen haben u.a. Juppy von der Ufa-Fabrik und Irene Moessinger. Am Montag wollen sie von 17 bis 18 Uhr über die „Kulturhauptstadt Berlin: im Aufwind oder Abwind?“ sprechen.

Fünf Autos der neuen A-Klasse sind auch „begehbar“. Der Mercedes der A-Klasse, der nicht mit dem „Twingo“ verwechselt werden möchte, sei ein „avantgardistisches, ganz erwachsenes Auto, das Ihnen ein ganz neues Raumgefühl gibt“, weiß Walter Müller von der Mercedes-Ortsgruppe Berlin. Mit seinen 3,57 Metern Länge seien die neuen Autos „eine tolle Sache für Berlin“, findet Müller.

Und da das alles neu ist „in der Denke, ist auch die Theatertruppe für uns so wichtig“, denn auch La Fura dels Baus seien ja sehr avantgardistisch und stehen außerdem für „eine ganz neue Zielgruppe“. So heißt denn auch das Stück, das die Actionschauspieler für die Daimler-Benz „A-Motion-Tour“ entwickelt haben und das Montag um 21 Uhr aufgeführt werden soll: „Simbiosis“. Mercedes hätte ihnen dabei völlig freie Hand gelassen, so Hensel Cereza, einer der beiden Regisseure, die übrigens grad dabei sind „planetarische Rave-Parties“ zu entwickeln.

Die Verbindung zwischen Autos und einer sich eher widerständig gebenden Popkultur ist nicht besonders neu. Die Kings und Hot Chocolate besangen den Cadillac, Cream den NSU, Alex Chilton liebte seinen GTO, die Toten Hosen lobten den Opel, Prince die „Little Red Corvette“ und Janis Joplin betete zu Gott bekanntlich um einen „Mercedes Benz“. Heute jedoch kaufen sich die Autofirmen die Künstler, mit denen sie werben. Daß die dabei die Waren ihrer Geldgeber nicht thematisieren ist kein Zeichen von Souveränität, eher das Gegenteil. Obgleich es irgendwann wohl auch möglich sein wird, auf einer Einführungsveranstaltung für ein neues Auto dieses gleichzeitig abends künstlerisch zu zerstören. Detlef Kuhlbrodt

Bis 19. Mai, 14 bis 22 Uhr