Chiracs Geschäftsreise nach China

Frankreichs Präsident schützt China vor Kritik an seiner Menschenrechtspolitik. Jetzt darf Airbus für Milliarden Mark Flugzeuge liefern  ■ Aus Paris Dorothea Hahn

Schweigen lohnt sich – zumindest wenn es um die Menschenrechte in China geht: Am zweiten Tag seiner Geschäftsreise auf den weltweit größten Markt hatte der französische Staatspräsident Jacques Chirac gestern bereits Aufträge im Gegenwert von mehreren Milliarden (Mark!) im Koffer, darunter den Verkauf von 30 Airbussen sowie die gemeinsame Entwicklung eines Regionalflugzeuges für 100 Passagiere. Der China-Coup, der Chirac zehn Tage vor den französischen Parlamentswahlen gelang, wird in Frankreich und dem Rest Europas Tausende von Arbeitsplätzen schaffen.

Bis zum Jahr 2000 will China, das bereits im vergangenen Jahr 13 Airbusse einkaufte, zusätzlich zehn Maschinen des Typs A 320 sowie zwanzig Maschinen vom Typ A 321 kaufen. Wert des Geschäftes, für das sich US-Konkurrent Boeing auch interessiert hatte: zwei Milliarden Mark.

Der China-Auftrag, zusammen mit der Zusage des Iran, der ebenfalls zehn Airbusse kaufen will, wird in der Airbus-Stadt Toulouse 3.600 Arbeitsplätze sichern, verlautete bei Airbus.

Außer den Luftfahrt-Coups erhielt Chirac in China gestern eine Lizenz für den französischen Versicherungskonzern Axa-UAP. Über weitere Geschäfte wurde verhandelt.

Einen Teil des Preises für das China-Geschäft hatte Chirac bereits vorab entrichtet. Anfang April hatte Frankreich, zusammen mit seinen europäischen Partnern im Airbus-Konsortium (die deutsche Dasa, die französische Aerospatial, die Britisch Aerospace und die spanische Casa) verhindert, daß die UNO die Menschenrechtsverletzungen in China verurteilte, wie sie es seit dem Massaker auf dem Tiananmen-Platz in Peking im Juni 1989 alljährlich getan hatte.

Die kleinen europäischen Länder, die im April dennoch – und vergeblich – versuchten, die UN- Resolution gegen China zustande zu bringen, erhielten inzwischen Ausladungen aus Peking.

Chirac hingegen, der auch noch seinen ursprünglich geplanten Abstecher nach Hongkong abgesagt hat (offizielle Begründung: Zeitmangel wegen des Wahlkampfes in Frankreich), und der selbstverständlich den Dalai Lama, der vorige Woche in Frankreich weilte, nicht empfangen hat, durfte mit mehreren Dutzend französischer Manager anreisen. Gestern hatte er nach einem Treffen mit Chinas Präsident Jiang Zemin sogar als erster ausländischer Staatschef die Ehre, eine Rede in der Eliteschule der chinesischen Verwaltung halten zu dürfen. Die Freilassung von Dissidenten wie Wei Jingsheng durfte Frankreichs Außenminister Hervé de Charette fordern. Das war nicht Chefsache.