Und leise schunkelt die Jugend

■ Lärmlos und mit dem Charme eines zünftigen Vatertags: der Hamburger „G-Move“

Als vor einigen Jahren die Beasty Boys und Public Enemy ihre Schlachtrufe „Fight for your right to party“und „Party for your right to fight“der amerikanischen Öffentlichkeit preisgaben, wurde die Party zur Form des öffentlichen Protestes ernannt. Amerikanische, aber auch europäische Jugendliche nahmen diese Aufforderung ernst, veranstalteten illegale Straßenparties und machten so lange Lärm, bis die Polizei dem Ganzen ein Ende setzte. So wurde vor zwei Jahren in England das „Criminal Justice Law“verabschiedet, um diese illegalen Zusammenkünfte gesetzlich zu verbieten.

Im ordentlichen Deutschland sieht es anders aus. Parties werden angemeldet, als politische Demonstration deklariert, um Polizeischutz und Müllbeseitigung zu gewährleisten. So ist die Mutter aller deutschen Parties, die Berliner „Love Parade“, zum Volksfest verkommen und dient als Paradebeispiel, dem auch andere deutsche Städte gerne folgen.

Was nun in Hamburg als „G-Move“ausgerufen wird, ist an kleinbürgerlicher Peinlichkeit wohl kaum zu überbieten. Das G steht für Generation, halt für alle X-er und die, die sich dieser Gruppierung zugehörig fühlen wollen. Derer waren es dann etwa 100.000, die im Ringelpietz um die gemütliche Hamburger Alster flanierten. Damit die Samstagseinkäufe noch ungestört über die Bühne gebracht werden konnten, ging es pünktlich um 17 Uhr los, und um 22 Uhr war dann auch ordnungsgemäß Feierabend. Da die behördliche Auflage, 75 Dezibel auf 50 Metern nicht zu überschreiten, von allen DJ's eingehalten wurde, konnte selbst die Robert-Wilson-Vorstellung (Krankheit Tod) im naheliegenden Thalia Theater stattfinden. Darüber dankbar zeigte sich auch Hausherr Jürgen Flimm, der mit einleitenden Worten sein Verständnis für die jungen Leute zum Ausdruck brachte.

Bis auf ein paar dumpfe Bässe, die schlechtem Provinz-Techno unterlegt waren, war auch kein richtiger Lärm zu vernehmen. Tanzen konnten nur die, die sich auf bzw. direkt hinter einem der 13 Lastwagen befanden. Diese liefen dann alle unter dem Krankenkassen-Slogan „No Drugs but Music“, so lautete das diesjährige Motto des Hamburger G-Move. Die Absurdität dieser Botschaft fand ihren Höhepunkt mit dem dritten Wagen, der sich als Werbeträger einer Wodkamarke entpuppte und eine riesige Wodkaflasche als Galionsfigur vor sich hertrug. Überhaupt war das mit den Drogen so eine Sache. Denn zu einem guten deutschen Volksfest gehört auch gutes deutsches Bier, das dosenweise von rotköpfigen, grölenden, guten deutschen Männern in dicke Bäuche gekippt wurde.

Zu hoffen ist nur, daß es zu solchen Veranstaltungen auch ein Gegengewicht gibt, das versucht, den einstigen Kampf-Parolen etwas gerechter zu werden.

Claude Jansen