Marathon-Magath ausgelaufen

HSV entläßt Trainer Magath/ Vereinsboß Seeler hat „keine Perspektive mehr gesehen“/ Amateurcoach Schehr als Interimslösung  ■ Von Clemens Gerlach

Seinen ersten Marathon schaffte HSV-Trainer Felix Magath vor gut drei Wochen ohne größere Probleme. Sein viel wichtigeres Rennen hat der 43jährige jedoch verloren: Am Sonntag gegen 22 Uhr trennte sich der abstiegsgefährdete Bundesliga-Fünfzehnte von seinem sportlichen Leiter – „mit sofortiger Wirkung“. Gestern vormittag nahm der komplett versammelte Vorstand auf einer Pressekonferenz ausführlich Stellung zum Rausschmiß. En passant wurde der bisherige Trainer der HSV-Amateure, Ralf Schehr, zum Aushilfs-Chefcoach für die beiden letzten Saisonspiele befördert (siehe Seite 24).

Er habe „keine Zukunftsperspektive mehr gesehen“, begründete der überraschend ruhig wirkende erste Vorsitzende Uwe Seeler die Entlassung des Übungsleiters Magath. „Das ist keine Patentlösung, aber ich muß an die Zukunft denken.“Die „gewisse Chemie“zwischen dem Happel-Schüler und der Mannschaft sei „nicht mehr vorhanden gewesen“. Gleichwohl bekannte Uns Uwe pflichtbewußt: „Mir ist die Entscheidung nicht leichtgefallen.“Er wolle Felix Magath für die in den gut anderthalb Jahren geleistete Arbeit danken.

Magath selbst war nicht bei der Pressekonferenz im Vereinslokal „Lindenhof“am Trainingsgelände Ochsenzoll. Er, der seit Oktober 1995 als Nachfolger von Benno Möhlmann arbeitet, zeigte sich gestern „tief enttäuscht“. Er halte diese Entscheidung für „überzogen“, sagte er. Viel lieber hätte der geschaßte Coach weitergearbeitet und seinen bis Juni 1999 laufenden Vertrag erfüllt, als jetzt eine hohe Abfindung zu kassieren. Gegenüber Sat 1 kündigte er gestern abend eine Klage auf Wiedereinstellung an. Vermutlich, um seine Position für die Abfindungsverhandlungen zu stärken.

Doch ein weiterer Verbleib beim HSV war mit Seeler nicht zu machen. Den hatten insbesondere die beiden jüngsten Niederlagen – vor einer Woche 0:5 in Leverkusen und am Pfingstsonnabend 0:4 gegen Köln – „erschüttert“. Was die Mannschaft abgeliefert habe, sei „geschäftsschädigend“gewesen. Für die fehlende Motivation machte der Vereinsboß Felix Magath verantwortlich. Er, Uwe Seeler, habe nichts gegen harte Arbeit, aber: „Auch Arbeit muß Spaß machen.“

Der war den meisten Spielern in der letzten Zeit weitgehend verlorengegangen. Viele Kicker des Europapokal-Teilnehmers der vorigen Saison beklagten sich über Magaths Training.

Öffentlich stand, als einer von wenigen, Mannschaftskapitän Richard Golz auch nach der Entlassung zu Magath: „Ich halte ihn für einen ausgezeichneten Trainer.“(Weitere Stimmen zur Absetzung Magaths siehe Seite 24.)

Wer dauerhaft Chefcoach beim HSV wird, mochte Seeler gestern nicht sagen. Namen wie Alexander Ristic oder Kevin Kegan seien „Spekulation“. Klar ist bislang nur eines: „Wir müssen wieder ganz von vorne anfangen.“