■ Press-Schlag
: Alba Berlin hofft auf fette Jahre

Mit Svetislav Pesic verhielt es sich lange Zeit ähnlich wie mit Jürgen Klinsmann. Internationale Titel – wie Europameisterschaft oder Korac- Cup – kein Problem, zumindest kein unüberwindliches. Nationale Erfolge? Fehlanzeige. Für den Berliner Basketballklub Alba, in einstigen sponsorfreien Zeiten noch BG Charlottenburg, dauerte die Durststrecke sogar noch um einiges länger: seit der Gründung, genau gesagt. Einige Male schnupperte man am Titel, aber dann kam immer Leverkusen, und, schwupps, waren Meisterschaft oder Pokal ein weiteres Mal entfleucht.

Seit der Saison 96/97 ist alles anders. Zunächst gab es in Gießen den Cup, dann wurde am Samstag in Bonn nach einigem Zittern endlich die Meisterschaft perfekt gemacht, für die schon eine Woche zuvor in der heimischen Max-Schmeling-Halle alles gerichtet war. Als dann Bonns Eric Taylor den Berlinern mit einem erstaunlichen Dreipunktewurf zwei Sekunden vor Schluß in die Meisterschaftssuppe spuckte, kursierte bereits der Verdacht, daß auf Alba ein Fluch liege und diese Mannschaft einfach nicht Champion werden könne, doch fünf meisterliche Minuten in der zweiten Halbzeit des vierten Spiels der Finalserie bei Baskets Bonn ließen alle Zweifel schwinden. Harnisch, Obradovic, Alexis, Rödl und Co. trafen plötzlich so sicher wie häufig in Saison und Europaliga, aber nicht mehr so häufig in den Play-offs. Berlin zog davon, siegte mit 98:81 und hatte den Titel.

„Auf diesen Moment haben wir sieben Jahre lang gewartet“, sagte Manager Marco Baldi, der eigentliche Architekt des Erfolgs, der zunächst mit dem Müllbeseitigungsunternehmen Alba einen Geldgeber fand und später Coach Pesic der Nationalmannschaft abschwatzte. Mit Baldis Bemerkung ist natürlich die Hoffnung verbunden, daß den sieben mageren Jahren nun sieben fette folgen mögen. Angesichts der häufig ausverkauften Max- Schmeling-Halle, in die 9.000 Menschen passen, und einer Mannschaft, die gezeigt hat, daß sie an guten Tagen auch europäische Spitzenteams schlagen kann, kein übermütiger Gedanke.

Andererseits hat der aufmüpfige Aufsteiger Baskets Bonn angedeutet, daß die Zeit der Sieben-Jahres-Dynastien, wie sie zuletzt Leverkusen darstellte, wohl vorbei ist. Dank Bosman haben auch kleinere Klubs mit gutem Riecher die Möglichkeit, europäische Spitzenspieler zu verpflichten, das Niveau in der Bundesliga ist beträchtlich gestiegen. Sollte der Weltverband FIBA, wie erwartet, Freizügigkeit auch für Nicht-EU-Ausländer einführen, dürfte sich diese Tendenz noch verstärken. Und im Gegensatz zu den Berlinern, die weiter auf ihren Stamm deutscher Nationalspieler setzen wollen, hat Leverkusens Manager Otto Reintjes bereits angekündigt: „Dann schlagen wir voll zu.“ Matti Lieske