■ Am Rande
: Aznar gegen Presse

Der Vorwurf steht seit längerem im Raum: Der Pay-TV-Anbieter Canal+ habe die von seinen Kunden für die Decoder hinterlegten Kautionen (insgesamt 280 Millionen Mark) nicht einfach auf ein Sparbuch einbezahlt, sondern investiert. Und das sei rechtswidrig, so der Ermittlungsrichter Javier Gomez de Liaño: „Denn falls alle Kunden auf einmal ihre 250 Mark zurückfordern, führt dies sicherlich zu Problemen.“ Grund genug für die Aufnahme von Ermittlungen gegen Canal+ – dem Höhepunkt einer seit Monaten anhaltenden Kampagne der Regierung Aznar gegen den Medienkonzern PRISA, der den Konservativen wegen seiner ideologischen Nähe zu den Sozialisten ein Dorn im Auge ist.

Nun hat sich der Verdacht bestätigt, daß die Studie, die zu den Ermittlungen gegen Canal+ geführt hat, von der Regierung höchstselbst in Auftrag gegeben wurde. In einem Protokoll eines Gesprächs zwischen dem Ermittlungsrichter und dem Autor der Studie, heißt es, daß der Bericht der die Bilanz von Canal+ auf „gerichtsverwertbare Tatsachen“ durchforstet, „einen technischen Charakter haben und auf weißem Papier ohne Unterschrift“ ausgefertigt werden soll.

Die neuen Erkenntnisse über die zweifelhaften Methoden der Regierung entstammen aus Akten, die jetzt auf Druck der richterlichen Aufsichtsbehörde den Verteidigern zugänglich gemacht wurden. Demzufolge handelt es sich bei dem Staatssekretär, der die belastende Studie in Auftrag gab, vermutlich um den Regierungssprecher Miguel Angel Rodriguez. Eben jener Mann, der auch beschuldigt wird, den Direktor des Privatsenders Antena 3, Antonio Asensio, telefonisch bedroht zu haben (siehe taz vom 15. Mai).

Richter Gomez de Liaño greift mittlerweile zu ganz neuen Ermittlungsmethoden: Er schickt Gerichtspolizisten in Elektrohandlungen, die auch Canal+-Abonnements anbieten.

Wer sich über das Verhör beschwert, bekommt wie zuletzt im nordspanischen Dörfchen La Robla zu hören: „Wenn sie sich geschädigt fühlen, dann treten sie doch als Nebenkläger gegen Canal+ auf.“Reiner Wandler