Neue Hoffnung auf Friedensgespräche in Nordirland

■ Die britische Labour-Regierung will mit Sinn Féin reden. Dublin zieht nach

Dublin (taz) – Blair macht's möglich: In Nordirland herrscht vorsichtiger Optimismus, von einem neuen IRA-Waffenstillstand ist die Rede. Der britische Premierminister Tony Blair hat seinen Regierungsbeamten grünes Licht für Gespräche mit Sinn Féin, dem politischen Flügel der IRA, gegeben. Eine erste Runde soll bereits heute stattfinden.

Nachdem Blair sein Plazet gegeben hatte, wollte auch die irische Regierung nicht zurückstehen. Dubliner Regierungsbeamte trafen am Samstag mit Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams und Pat Doherty vom Parteivorstand zusammen. Die Gespräche seien „nützlich“ gewesen, ließ die Regierung danach verlauten. Zur Zeit beobachten sich die irischen Parteien gegenseitig äußerst argwöhnisch, wird in Irland doch am 6. Juni gewählt. Da sich die beiden großen Parteien politisch nicht sonderlich voneinander unterscheiden und auch ähnlich korrupt sind, wird Nordirland wohl erstmals im südirischen Wahlkampf eine Rolle spielen.

Zum ersten Mal seit dem Hungerstreik von 1981 hat Sinn Féin auch Chancen auf einen Parlamentssitz – vor allem, wenn die IRA bis dahin einen Waffenstillstand erklärt. Sinn Féins Vizepräsident Martin McGuinness sagte am Sonntag, falls Mehrparteiengespräche ohne unnötige Vorbedingungen im Angebot seien, würde eine Waffenruhe folgen. Er forderte einen Zeitrahmen von sechs bis neun Monaten für die Gespräche, Zugeständnisse bei der Verlegung von IRA-Gefangenen aus britischen Gefängnissen nach Nordirland sowie eine Garantie, daß die Gespräche nicht zu einer Konferenz über die Ausmusterung von IRA-Waffen würden.

Der Vorsitzende der nordirischen sozialdemokratischen SDLP, John Hume, glaubt, daß der Weg an den Runden Tisch für Sinn Féin nun frei sei. Offene Fragen könnten bei den Treffen mit den Regierungsbeamten geklärt werden, sagte er. Gestern sickerte durch, daß sich Hume vorige Woche mit dem Großmeister der Oranier-Loge, Robert Saulters, und Anwohnern der Garvaghy Road im nordirischen Portadown getroffen habe. Dort war es in den letzten beiden Jahren zu schweren Ausschreitungen gekommen, die die ganze Provinz lahmlegten, weil die protestantischen Oranier ihre Parade durch das katholische Wohngebiet führen wollten. Die Zeit drängt: Die Saison der protestantischen Paraden, von denen es 3.000 im Jahr gibt, strebt im Juli ihrem Höhepunkt zu.

Die wegen der britischen Wahlen auf Eis gelegten Mehrparteiengespräche werden am 3. Juni in Belfast wieder aufgenommen. Für eine Teilnahme von Sinn Féin sei das jedoch zu früh, das hat Blairs Nordirlandministerin Mo Mowlam deutlich gemacht. Aber vielleicht sitzen die nordirischen Parteien dennoch eher als erwartet an einem Tisch – in Südafrika. Die ANC-Regierung hat Vertreter aller Parteien zu einer Konferenz vom 29. Mai bis 2. Juni eingeladen. Organisiert wird die Tagung vom Minister für die Provinzen, Valli Moosa, und dem Wasserminister Kader Asmal, der mehr als 20 Jahre in Dublin gelebt hat. Die Leitung soll der in Boston lebende irische Schriftsteller Padraig O'Malley übernehmen.

Er sagte, die südafrikanische Regierung sehe sich nicht als Vermittler, sondern wolle die Gelegenheit bieten, in Arbeitsgruppen und Einzelgesprächen aus der südafrikanischen Erfahrung zu lernen. „Es ist wie im Kino“, sagte O'Malley. „Die Leute sind zwar im selben Raum, aber niemand muß mit anderen reden, wenn er nicht will.“