Sind dochZierkühe

Die schottischen Rinder Grini und Mairi vom Höltigbaum stehen unter BSE-Verdacht  ■ Von Heike Haarhoff

Die Tage sind gezählt, da Grini und Mairi wiederkäuend am Höltigbaum weiden dürfen. „Die Tötungsanordnung kam letzte Woche.“Die Stimme von Karl Klünder klingt belegt. Seit 16 Jahren hegt und pflegt der Wandsbeker Rentner und „Landwirt im Nebenerwerb“seine beiden schottischen Galloway-Kühe mit dem zottelig-braunen Fell und den puscheligen Hängeohren auf einer Wiese in der Nähe des Naturschutzgebiets Höltigbaum.

Mit der Idylle soll in den nächsten Tagen Schluß sein: Wegen ihrer Herkunft müssen Grini und Mairi sterben. Die Hochlandkühe stammen aus Großbritannien und stehen damit im Verdacht, den BSE-Rinderwahn in sich zu tragen. „Totaler Unsinn“sei das, schimpft Karl Klünder. Seit Monaten schon stünden seine „genügsamen und pflegeleichten Tiere“unter Quarantäne; während dieser Zeit habe man „keine Auffälligkeiten“oder Wesensveränderungen feststellen können – „und überhaupt in den ganzen Jahren davor auch nicht“. Von den Zierkühen gehe keine Gefahr für den Menschen aus, „weil die doch gar nicht zum Essen da sind“.

Doch die Gesundheitsbehörde kennt kein Pardon. Selbst die Gnade der späten Geburt wird den 1980 zur Welt gekommenen Kühen nicht zuteil: „Alle 21 Rinder aus Großbritannien, die vor 1990 nach Hamburg importiert wurden, müssen geschlachtet werden“, sagt Sprecherin Petra Bäurle. 13 von ihnen hat dieses Schicksal bereits ereilt. Zu groß sei das Risiko, so Bäurle, daß doch mal jemand auf „dumme Gedanken“komme und die Tiere bei Nacht und Nebel umlege, um sie anschließend zum Verzehr anzubieten.

Grinis und Mairis deutscher Adoptiv-Züchter Karl Klünder will das nicht verstehen. Sollte sich das veterinäramtsärztliche Killerkommando auf seine Weide wagen, werde er „notfalls bis in die letzte Instanz klagen“. Eine der beiden Gallowaykühe wird demnächst auch noch kalben. Der Nachwuchs müßte zwar nicht getötet werden, weil „BSE nicht vererbt wird“, sagt Petra Bäurle. Nur: Wie zieht man ein Kalb ohne Mutterkuh groß?

Der 70jährige Klünder sieht sich nun als Opfer einer Verschwörung von Großbanken und Fleischkonzernen: „Die Leute sollen mit den Notschlachtungen bloß beruhigt werden, weil der Rindfleischmarkt sonst vollends zusammenbricht.“Würde für Zootiere und seltene Rassen, bei denen eine BSE-Infektion unwahrscheinlich ist, nicht auch ein strenges Verkaufs- und Schlachtverbot reichen, wie es für die Nachkommen-Generation gilt?

Nein, sagen die Verwaltungsgerichte bislang. Die BSE-Forschung am lebenden Tier steckt in den Kinderschuhen; die Diagnose ist meistens erst anhand der zerlöcherten Gehirne von verendeten Tieren möglich. Bundesweit sind 5.200 direktimportierte Rinder von der Schlachtung bedroht – sie würden 14.000 in Deutschland geborene Nachkommen hinterlassen.

Derweil grämt sich Karl Klünder auch über seine finanziellen Verluste: „Nur 800 Mark“habe ihm der Amtstierarzt als Entschädigung pro Kuh in Aussicht gestellt. Das Zehnfache hätte er von Züchtern, Tierparks oder anderen Galloway-Liebhabern bekommen können, „wenn die Quarantäne nicht auch das Weiterverkaufsverbot beinhalten würde“.