Kommentar
: Gelogen und vertuscht

■ Ressort spielte Selbstmord runter

Eine Gruppe von Beamten in der Untersuchungshaft sei für die Übergriffe im Knast verantwortlich, betonte Justizsenator Henning Scherf (SPD) noch in der vergangenen Woche. Deshalb dürften nicht alle Beamte über einen Kamm geschert werden. Recht hat er. Mit Sicherheit kümmern sich viele Beamte vorbildlich um ihre Schützlinge. Es kommen allerdings immer neue Vorfälle ans Tageslicht, die vermuten lassen, daß die Häftlinge der Willkür der Beamten nicht nur in der U-Haft ausgeliefert sind. Doch davon will das Justizressort nichts wissen. Schließlich steht der Stuhl eines Senators auf dem Spiel. Als die taz wenige Tage nach dem Selbstmord von Udo J. anfragte, ob es richtig sei, daß der Häftlinge wenige Stunden vor seinem Selbstmord versucht habe, sich die Pulsadern aufzuschneiden, winkte Hartmut Krieg, beim Justizsenator für Strafvollzug verantwortlich, ab: „Keine Hinweise auf Suizid“, versicherte er. Erst bei der zweiten Anfrage räumte Krieg ein, daß J. „leichte Verletzungen am Handgelenk“hatte. Justizpressesprecherin Lisa Lutzebäck sprach von „oberflächlichen Kratzern“, die „ohne Pflaster und Verband“ausgekommen wären.

Das Justizressort hat den Vorfall heruntergespielt. Ahnte man im Ressort, daß der Selbstmord-Fall brisante Folgen haben könnte? Aber was ist schon der Tod eines drogenabhängigen Gefangenen gegen den Stuhl eines Senators! Kerstin Schneider