Unerträgliches Klima

■ Nach Brandanschlag: Jüdischer Hausbesitzer wird angepöbelt

Frankfurt/Main (taz) – Das erst eine Woche nach dem Brandanschlag auf den Haus- und Grundbesitz des deutschen Juden Tony A. Merin am 1. Mai 1997 in Babenhausen eingeschaltete hessische Landeskriminalamt (LKA) hat jetzt die Spurensuche abgeschlossen. Wie die Staatsanwaltschaft am Landgericht in Darmstadt mitteilte, hätten die Untersuchungen des LKA ergeben, daß in zwei Gebäuden „an mehreren Stellen“ Brände gelegt worden seien. In den Gebäuden hätten die Ermittler „Parolen mit rechtsradikalem Hintergrund“ vorgefunden. Mehrere Eingänge seien „gewaltsam aufgebrochen“ worden.

Wie die Staatsanwaltschaft weiter erklärte, habe das Polizeipräsidium in Darmstadt eine spezielle Arbeitsgruppe zur Aufklärung des Falles eingesetzt. Für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, hat die Staatsanwaltschaft eine Belohnung in Höhe von 3.000 Mark ausgesetzt. Inzwischen haben sich Zeugen gemeldet, die in der Brandnacht einen goldfarbenen Opel Rekord und einen Lkw auf dem Grundstück von Merin an der B 42 in Babenhausen gesehen haben wollen.

Gegenüber der taz sprach Merin gestern davon, daß das Klima in Babenhausen für ihn inzwischen „unerträglich“ geworden sei. „Ich werde angepöbelt, weil ich angeblich ganz Babenhausen in Verruf gebracht habe“, berichtete Merin. Er könne jetzt nachvollziehen, wie sich deutsche Juden in einer Kleinstadt in den Jahren 1933 bis 1939 gefühlt haben müssen: „Ausgegrenzt und permanent bedroht.“

In den Gebäuden war es bis zur Aufnahme der Spurensicherung am Himmelfahrtstag durch das LKA zu Plünderungen und auch zu neuen antisemitischen Schmierereien gekommen. Der Polizei und der Staatsanwaltschaft in Darmstadt warf Merin vor, einem von ihm geäußerten Verdacht bislang nicht nachgegangen zu sein. Am Pfingstsonntag fand eine Solidaritätsdemonstration für Merin von Antifa-Gruppen in Babenhausen statt. kpk