Wolf: Wehner auf Mielkes Schoß

Hamburg (AP) – Der SPD- Politiker Herbert Wehner soll nach Angaben des früheren DDR-Spionagechefs Markus Wolf intensive Geheimkontakte zu Stasi-Minister Erich Mielke gepflegt haben. Das berichtete das Magazin Stern gestern zum Auftakt einer Serie über Wolfs im Juni erscheinende Memoiren. Danach soll Wehner die DDR auf Verhandlungen mit der Bundesregierung vorbereitet, über Beratungen der SPD- Führung informiert und gegen Willy Brandts Ostpolitik intrigiert haben. Spätestens am Ende seiner politischen Karriere schien sich Herbert Wehner „mit der Sache des real existierenden Sozialismus zu identifizieren“, schrieb Wolf.

So habe Wehner im August 1981 „seinem Freund Honecker“ zu „entschlossenen Maßnahmen“ gegen die polnische Solidarność-Bewegung geraten. Wehner habe gesagt: „Es geht nicht ohne Gewalt, leider. Es ist eine halbe Minute vor zwölf.“ Wolf zufolge soll Wehner nach seinem Ausschluß aus der KPD 1942 die Verbindungen zu den Kommunisten nie ganz abgebrochen haben. Schon Anfang der 50er Jahre habe der Ostberliner Journalist und Stasi-Mitarbeiter Ernst Hansch den Kontakt zu ihm gehalten. Wehner habe signalisiert, „daß er nicht der Renegat und Verräter war, für den wir ihn hielten“. Unter anderem habe er vor Aktivitäten des SPD-Ostbüros in der DDR gewarnt.

Nach Bildung der Großen Koalition 1966, in der Wehner Gesamtdeutscher Minister wurde, habe der Ostberliner Anwalt Wolfgang Vogel den geheimen Kanal zu Wehner übernommen. Vogel sei für die Kontakte stets von Stasi-Minister Erich Mielke persönlich instruiert worden. Unter Berufung auf Protokolle berichtete Wolf dem Stern zufolge, „wie Wehner die DDR auf Verhandlungen mit der Bundesregierung vorbereitete, über Beratungen der SPD- Führung sofort Ostberlin informierte, wie er gegen die Ostpolitik von Willy Brandt intrigierte, vor Kanzler Helmut Schmidt warnte und Furcht vor einem Angriffskrieg der Nato schürte“. In einem Interview mit dem Magazin sagte der ehemalige Brandt-Vertraute und SPD- Ostexperte Egon Bahr, schon Anfang der 70er Jahre seien Brandt und er vor Wehner gewarnt worden, „bis zu einem Bericht aus Moskau“.