„Grüne Essentials klar definieren“

■ Vorsicht, Rotgrün: GAL-Linke holt Frankfurter Rat ein

Böse Worte flogen durch den Raum: „neoliberal“und „grüne FDP“. Kollektivem Schaudern folgte Einigkeit darüber, daß Hamburgs Grüne vor diesem Schicksal bewahrt werden müsse. Wie dies trotz drohender Regierungsverantwortung gelingen könnte, beschäftigte vorgestern abend die GAL-linke „ZAS“(Zwischen allen Stühlen). „Rotgrün ist die Antwort – was war noch mal die Frage?“, hieß die Veranstaltung mit dem rotgrünerprobten Frankfurter Kommunalpolitiker Micha Brumlik.

Ach, stöhnte der, was kann man in Zeiten des Sparens, Kürzens und Konsolidierens schon bewegen? „Was für kommunalpolitische Projekte gibt es darüber hinaus?“Gerade wegen des immer enger werdenden Gestaltungsspielraums „muß man festlegen, daß es so etwas wie grüne Essentials gibt und sie vorher klar definieren“. In Frankfurt sei es das Amt für Multikulturelle Angelegenheiten gewesen. In Hamburg hingegen setzte sich der Realo-Flügel mit der Maxime „Keine Knackpunkte“durch.

Doch Mitregieren bedeute auch, Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit geben zu müssen. Arbeit zum Beispiel. Verwaltungsreform heißt das Zauberwort, das auch die GAL-Realos Willfried Maier und Krista Sager gern im Munde führen. Wenn man die Verschlankung der Behörden befürworte, um Geld zu sparen, mahnte Brumlik zum Realismus, müsse allen klar sein: Das bedeutet Stellenabbau. „Die Stadt ist eben auch eine Beschäftigungsgesellschaft – dazu muß man sich bekennen, auch wenn es unmodern klingt.“

Keine Forderung wie die, den Mittelstand zur Schaffung von Arbeitsplätzen hegen und pflegen zu wollen, bringt einen Grünen so leicht in den Verruf, FDP-nah zu sein. Doch, so Brumlik, „gibt es eine Alternative zum Anwerben des Mittelstands?“Radikale Arbeitszeitverkürzung womöglich oder der Abschied von der Arbeitsgesellschaft? Einen Regierungswechsel oder vielleicht doch die Revolution? Obwohl die, merkte ein Publikumsgrüner an, irgendwie nicht in Sicht sei.

Dennoch müsse man „sich die Systemfrage offenhalten und sie von Zeit zu Zeit stellen“, ist Brumlik überzeugt. Sonst sei grüne Politik nicht mehr als das Anpassen an Sachzwänge. Schließlich „macht sogar die Welt am Sonntag eine Serie zur Krise des Kapitalismus – daß ich das noch erleben darf“. Gesellschaftliche Gegenentwürfe aber wußte die Versammlung, so sehr sie sich auch bemühte, nicht auszumachen. Revolution war die Antwort, aber was war noch mal die Frage? Silke Mertins