Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

Absolute Power USA 1997, R: Clint Eastwood, D: Clint Eastwood, Gene Hackmann, Laura Linney

„Der Gentleman-Einbrecher, der mit Samthandschuhen arbeitet und nur die hochkarätigsten Juwelen seines Zugriffs für würdig erachtet, ist ein Idol aus früheren, besseren Zeiten. Um so erfreulicher, daß Clint Eastwood als Regisseur und Star mit der ganzen Grazie seines Professionalismus den guten alten Meisterdieb, der das Stehlen als schöne Kunst betrachtet, noch einmal brillieren läßt. Nicht nur um edele Juwelen geht es natürlich, auch um eine schöne Frau und dann, unvermeidlich am Ende des 20. Jahrhunderts, um viel Blut, Mord, Gewalt. Unser Held gerät nämlich nicht mit irgendwelchen Lausebengeln ins Gemenge, sondern mit dem mächtigsten und korruptesten Drecksack weit und breit, dem Präsidenten der USA, der notfalls auch seine Bodyguards als privates Killerkommando einsetzt. Im übrigen jedoch kann man einem Thriller wie diesem nicht nachsagen, daß er aus dem wirklichen Leben gegriffen sei; er will ohne störende Skrupel der schönen Kunst des Nervenkitzels huldigen.“(Der Spiegel) Europa, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Aufzeichnungen zu Kleidern und Städten Frankreich 1988, R: Wim Wenders

Die kleinen Filme passieren Wim Wenders eher, so auch „Aufzeichnungen zu Kleidern und Städten“: Eine Auftragsarbeit des Pariser Centre Pompidou, in der er den japanischen Modemacher Yohij Yamamoto portraitieren sollte. Es gibt dann auch viel Interviewschnipsel mit Yamamoto zu sehen: Der Meister bei der Arbeit, im Atelier, bei den Vorbereitungen einer Modenschau und natürlich auf dem Dach des Centre Pompidou, aber das Erstaunliche an diesem Film ist, daß trotzdem jedes Bild und jeder Ton purer Wenders sind – im guten wie im schlechten. Die Gespräche und Wenders Kommentare dazu haben seinen typischen Geruch von Männerfreundschaft. Die Gespräche über Stil, Kleidung, Mode, Kunst und die Welt sind immer intelligent, aber auch ein wenig dröge. Für diesen Film hat er schließlich die Videokamera entdeckt, und obwohl er in seinen Kommentaren den Kontrast zwischen Kino und Video ganz ernsthaft problematisiert, merkt man den Bildern an, was für einen fast kindlichen Spaß er mit diesem neuen Spielzeug hatte. Das sind faszinierende Fingerübungen, aber all die klugen Sprüche, schwarzen Kleider und flimmernden Bildschirme ermüden nach einiger Zeit. (hip) Kino 46

B

Beavis und Butt-Head machen's in Amerika USA 1996, R: Mike Judge

„Seit Jahren sind sie, MTV sei Dank, Kultfiguren. Und nun tummeln sich die beiden Cartoon-Knalltüten auch noch auf der Leinwand in einem Zeichentrick-Road-Movie. Überraschenderweise kommen die Abenteuer der Grunge-Knaben verblüffend komisch daher, sind durchaus abendfüllend und so subversiv wie auf MTV. Reichlich auf Drogen mutiert Beavis mal wieder zum durchgedrehten „Cornhoolio“und wirbelt zum großen Finale das Weiße Haus durcheinander - um schließlich gemeinsam mit Butt-Head die Welt zu retten. Bill Clintons Dank ist den beiden Deppen sicher. Und Walt Disney wird sich im Grabe umdrehen.“(Bremer) City, UT-Kinocenter, MUWI-Filmkunst (Ol)

Big Night USA 1996, R: Campbell Scott, Stanley Tucci, D: Stanley Tucci, Isabella Rossellini, Campbell Scott

„Nach „Big Night“mag man nicht mehr zum Italiener gehen, denn kein wirkliches Essen kann so lecker sein wie jenes, das wir in diesem Film mit den Augen verzehren. Stanley Tucci, in letzter Zeit einer der schillernsten Nebendarsteller Hollywoods, hat mit seinem Kollegen Campbell Scott einen Augenschmaus angerichtet, einen kleinen Restaurant-Film über die große Kunst des Kochens, heiter, melancholisch und ein Genuß für all jene, die Filme nicht verschlingen, sondern sie sich lieber auf der Netzhaut zergehen lassen.“(tip) Schauburg, Casablanca (Ol)

Der Butt und das Meer Deutschland 1996, R: Rolf Blank

„In diesem Dokumentarfilm zieht ein Butt Bilanz. Wie im Märchen vom „Fischer un syne Fru“wird ein Butt gefangen, der wortgewandt von der Faszination des Wattenmeeres zwischen Holland und Dänemark erzählt. Die Situation für ihn und seine Artgenossen sei so schlecht, daß er sich ein weiteres Mal fangen läßt, um etwas dazu zu sagen“(Film & Medienbüro Niedersachsen) Kino 46

D

Dante's Peak USA 1997, R: Roger Donaldson, D: Pierce Brosnan, Linda Hamilton

„Wo anders als im Kino hat man schon die Möglichkeit, hautnah dabei zu sein, wenn ein Vulkan ausbricht? Die Filmemacher haben offensichtlich gut recherchiert, denn die einzelenen Stadien des Ausbruchs werden sehr detailiert und überzeugend vorgeführt. Dafür ist aber das Drehbuch extrem einfältig. Kein Klischee wird ausgelassen: Natürlich springt ein süßer Hund in letzter Sekunde in Sicherheit, und wenn ein unsympathischer Dickkopf sich nicht evakuieren läßt, weiß jeder, daß er die erste Hälfte des Films nicht übersteht. Ähnlichkeiten mit „Daylight“, dem letzten Tunnel-Disaster-Film, erklären sich dadurch, daß derselbe Autor für beide Skripts verantwortlich ist. Aber ich persöhnlich glaube, daß „Leslie Bohem“ein Computer-Software-Programm ist, denn man mag kaum glauben, daß ein Mensch so formelhaft und unpersöhnlich schreiben kann.“(Christopher Tookey) UfA-Stern, Solitaire (Westerstede), Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen)

Diebe der Nacht Frankreich 1996, R: Andre Techine, D: Daniel Auteuil, Catherine Deneuve

„Der Film führt unterschiedlichste Figuren, die in einem komplexen Beziehungsgeflecht stehen, zusammen. Im Mittelpunkt steht ein Mädchen, das sowohl von einer älteren Philosophie-Lehrerin als auch von einem zynischen Polizisten geliebt wird, der in seiner kriminellen Familie zum Außenseiter wurde. Behutsam und eindringlich, dank vorzüglicher Darsteller, umkreist der Film aus mehreren Perspektiven die Handlungen und Motive der Personen, wobei er sich dramaturgischer Elemente aus Kriminalfilm und Familientragödie bedient, sie aber auf ganz eigene Weise miteinander verschmilzt.“(film-dienst) City

Donnie Brasco USA 19997, R: Mike Newell, D: Al Pacino, Johnny Depp / Originalfassung ohne Untertitel

„Mit Mike Newells Film ist das Mafia-Kino am glanzlosen untersten Ende der Hackordnug angekommen. Während Pacinos Tränensäcke allein ganze Geschichten erzählen, strahlt Depps Jungengesicht in purer Unergründlichkeit. Daß der Brite Mike Newell dieses erzamerikanische Kinostück zustande gebracht hat, ist verblüffend.“(Der Spiegel) UFA-Stern

E

Emma USA 1996, R: Douglas Mcgrath, D: Gwyneth Paltrow, Ewan McGregor

Eine englische Pfarrerstochter, die vor 200 Jahren gelebt hat, ist die zur Zeit erfolgreichste Lieferantin von Filmvorlagen für Hollywood. Der besondere Reiz der Jane Austin-Filme entsteht durch die saubere, fast märchenhafte Atmosphäre des „merry old England“mit Kleidern, die wie Teewärmer aussehen, noblen Landsitzen und vielen Picknicks in sonnigen Parklandschaften. Die schnippische und letzlich furchtbar snobistische Emma ist auf den ersten Blick keine besonders sympathische Heldin, und der dramatische Sog des Films entsteht dadurch, daß man darauf hofft, daß sie möglichst empfindlich mit ihren törichten Kupplereien Schiffbruch erleidet. Wenn man ihr schließlich doch das typische Happy-end gönnt, mit dem Austin mathematisch genau jedes Deckelchen auf sein Töpfchen setzt, dann liegt das an Gwyneth Paltrow, die Emma so jugendlich, arglos und gutherzig spielt, daß sie selbst von den strengen englischen Kritikern mehr gelobt als getadelt wurde. Als Amerikanerin versuchte sie zum Glück erst gar nicht, sich einen möglichst englischen Tonfall zuzulegen. Wer ein zweites „Sense and Sensibility“erwartet, mag enttäuscht sein, aber „Emma“ist eine grundsolide Adaption mit viel Tratsch und Sinnlichkeit. (hip) Atelier, Gondel, Casablanca (Ol) / Originalfassung ohne Untertitel im UFA-Palast

Der englische Patient USA 1996, R: Anthony Minghella, D: Ralph Fiennes, Kristin Scott Thomas, Juliette Binoche, Willem Dafoe, Jürgen Prochnow

Der Autor Michael Ondaatje hat eine Unzahl von Geschichten in seinen Roman gewoben. „Die Geschichte der internationalen Sahara-Expedition in den dreißiger Jahren. Die Geschichte des Minensuchkorps der Britischen Armeee. Die Geschichte eines Sikhs in Europa. Die Tragödie einer Liebe.“Anthony Minghellas Verfilmung „schleppt sich eine gute Stunde so dahin. Toskanische Stille, Zweiergespräche, Dreiergespräche, dazwischen Rückblenden. Ein Wüstencamp, ein Sandsturm. Man ahnt nicht, was die Figuren treibt, was ihre Schicksale zusammenhält, doch der Film erzählt immer weiter: und dann, und dann...Dann geschieht das Unerwartete: das Wunder.“Denn „irgendwann kommt der Moment, in dem man aufhört, an das Buch zu denken, und nur noch zuschaut. „Der englische Patient“ist nichts als ein großer, ruhiger, altmodischer Liebesfilm. Von allen Geschichten, die in Ondaatjes Roman vorkommen, erzählt er nur eine einzige. Aber dieser einen verleiht er allen Zauber, den das Kino geben kann.“(Andreas Kilb, Die Zeit) Gondel, Filmstudio, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Apollo (Whv)

F

Flipper USA 1996, R: Alan Shapiro, D: Paul Hogan, Issac Hayes

„... bald wird er kommen. Jeder kennt ihn, den klugen Delphin!“Leider ist die Übertragung der uralten TV-Serie ins Kino nur bedingt gelungen. Kameramann Bill Butler mag wohl lieber böses Meeresgetier: Er rückte schon Spielbergs weißen Hai ins rechte Licht.“(TV-Spielfilm) Kino 46

Forgotten Silver Neuseeland 1996, R: Peter Jackson, D: Sam Neill, Hannah MkKenzie / Originalfassung mit Untertiteln

In Neuseeland werden ein paar vergessene Filmbüchsen entdeckt und die Filmgeschichte muß neu geschrieben werden. Der Filmpionier Colin McKenzie entpuppt sich als eine Mischung aus Edison, Orson Welles und Erich von Strohheim, und es gibt keinen technischen oder künstlerischen Durchbruch in der Geschichte des Kinos, den er nicht insgeheim in Neuseeland schon lange vor den berühmten Amerikanern und Europäern entwickelt hat. Tonfilm, Farbfilm, Kamerafahrt, Monumentalschinken und Rodney-King-Video, alles ist eigentlich auf seinem Mist gewachsen, und dies wollten die neuseeländischen Patrioten so gerne glauben, daß Millionen Fernsehzuschauer diese offensichtliche Fälschung von Peter Jackson für bare Münze nahmen. Dabei übertreibt er so maßlos und komisch, daß man ihm wirklich keine böse Absicht unterstellen kann. Einen Spaß zum 100. Geburtstag des Kinos wollte er sich machen, und einen schlagenden Beweis für die Leichtgläubigkeit von TV-Konsumenten hat er geliefert. (hip) Kino 46

Fräulein Smillas Gespür für Schnee Deutschland/USA 1996, R: Bille August, D: Julia Ormond, Gabriel Byrne, Vanessa Redgrave

„Smilla Jaspersen hält den Tod der sechsjährigen Jesaja nicht für einen Unfall und stellt Ermittlungen auf eigene Faust an. Dabei stößt sie auf zwielichtige Gestalten und dunkle Machenschaften. Die Spur führt von Kopenhagen nach Grönland ins ewige Eis. Aus der anfangs bedrohlichen Stimmung wird in Bille Augusts Bestsellerverfilmung allzuschnell eine reine Kriminalgeschichte, in der Smilla nur noch von einer Entdeckung zur nächsten hastet. Bei soviel Aufdeckungseifer gehen die Geheimnisse und die Spannung schon bald verloren.“(tip) UFA-Stern

G

Der Garten Tschechische Republik 1995, R: Martin Sulik, D: Roman Luknar, Marian Labuda

„In Martin Suliks wunderbarer, heiter melancholischen Parabel, in der der 30jährige Jakub lernt, dem Unerklärlichen so zu begegnen, daß es nichts Bedrohliches mehr hat, spielt ein verwilderter Garten die Hauptrolle, ohne daß vergrabene Leichen nötig wären, um die Handlung voranzutreiben und sich für das Verhältnis zwischen Jakub, einem modernen Candide, und der hexenhaften Helena zu interessieren – sowie für wilde Wespen, Ameisenhügel, Fallobst und eine seltsame Schafherde.“(tip) Cinema, Casablanca (Ol)

H

101 Dalmatiner USA 1996, R: Stephen Herek, D: Glenn Close, Jeff Daniels, Joely Richardson

„Das Remake aus der Hölle! In dieser Realfilm-Version sprechen die Hunde nicht mehr, sie wackeln nur noch mit den Köpfen und bellen. Und die Menschen, angeführt von Jeff Daniels und Joely Richardson, wandern durch die ganze Angelegenheit mit einem benommenen, ungläubigen Gesichtsausdruck, was man durchaus nachvollziehen kann. In ihren Eingangszenen als die böse Cruella DeVil zeigt Glenn Close eine gewisse scharlachrote Freude an ihrer eigenen Monströsität. Aber schnell wird der Zauber und die Feinfühligkeit des Zeichentrickfilms von 1961 durch schwerfällige Grobheiten erschlagen.“(New Yorker) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen)

Hippolytes Fest Frankreich 1995, R: Laurent Benegui, D: Stephen Audran, Michel Aumont

Hippolyte, Meisterkoch alter Schule in Paris, muß seinen traditionellen Laden schließen, weil eine Bank eine neue Filiale eröffnen will. Am letzten Abend dürfen sich noch einmal alle Freunde des Hauses an Kalbsbries, Lammsattel und Jakobsmuscheln laben. Weder eine überzeugende Hommage an leidenschaftliche Köche noch ein stimmiges Portrait der bunt gewürfelten Gästeschar ist Benegui hier geglückt. Statt dessen menschelt es gewaltig, die Gäste (inkl. politisch korrektem Alibi-Araber und Vorzeige-Clochard) gefallen sich im Äußern peinlicher Weisheiten, dazu wabert unentwegt Chormusik. Der Rest ist nicht einmal aufregend fotografiertes Maggi-Kochstudio. (mu) Gondel

J

Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit

„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarienette jenseits der Sprache ausdrücken kann - genauso wie diese mit ihren Gebärden. Mit „Jenseits der Stille“ist der jungen Regisseurin ein wunderbar musikalischer Film aus der Welt der Taubstummen gelungen.“(Der Spiegel) Cinema, Casablanca (Ol), Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen), Solitaire (Westerstede)

K

Kama Sutra USA 1995, R: Mira Nair, D: Sarita Choudhury, Naveen Andrews

„Mira Nairs pseudo-feministische Phantasie von weiblicher Selbstbefreiung und sinnlicher Selbstbestimmung wird ständig konterkariert von dem Umstand, daß die Frauen all ihr Sinnen, Lernen und Bestreben letzlich der Verführung des Mannes widmen. Der Mann lenkt ihr Tun – ihm zu gefallen, ist höchstes Ziel. Diese Welt wird ausgiebig in jenes orange-rot-braune Licht getaucht, das Haut und Haar so auffallend schimmern läßt. Mira Nairs eigentliches Thema, die spirituelle Dimension der Erotik, wird im Film nur vordergründig abgehandelt und bebildert. Dies wird durch aufwendiges Produktionsdesign, folkloristische Kostüme, durch Kunsthandwerk in Form von Tanz-Einlagen und ausgiebiges Abfilmen von Pracht und körperlicher Schönheit einzuholen versucht. Doch Exotik allein ist kein Garant für Aufmerksamkeit, das Ergebnis bleibt flach.“(epd-film) UT-Kinocenter, Cinema

Der kleine Unterschied Großbritannien 1996, R: Richard Spence D: Steven Mackintosh, Rupert Graves

„Kim, eine postoperative Transsexuelle, hat sich ihr Leben in biederer Ruhe eingerichtet. Bis sie Paul kennenlernt, einen Jugendfreund aus dem Internat. Er ist ein notorischer Streithahn, den Kims Wandlung ebenso neugierig macht, wie in seiner Männlichkeit verstört. Ihre vorsichtigen Avanchen enden in Ärger mit der Polizei. Diese Konfronatation zwingt Kim zum qualvollen Abschied von ihrer Zurückgezogenheit und zur Emanzipation von ihrem überholten Frauenbild. Humorvolles und einfühlsames britisches Kino.“(tip) Atlantis

Knockin' On Heaven's Door Deutschland 1997, R: Thomas John, D: Till Schweiger, Jan Josef Liefers

„Auch Lausbuben kommen manchmal in den Himmel; das Sterbenmüssen ist offenbar Strafe genug dafür, wie sie über die Stränge schlugen. Hier geht es also um zwei junge Kerle, die sich als ,Abnippel-Experten' verstehen dürfen: Jeder für sich hat soeben im Krankenhaus die Diagnose erhalten, daß sein letztes Stündlein nah bevorstehe; doch da sie sich beide zu munter zur Verzweiflung fühlen, fassen sie gemeinsam Mut zu einem letzten Ausbruch ins nie gelebte Leben. Weithin, zugegeben, ist diese Actionkomödie ein recht kumpelhaftes Abenteuer, bei dem viele freundliche Frauen immer nur kurz hereinschauen. Doch ebendiese Frauenferne bewahrt den Helden ihre Unschuld: Lausbuben sind und bleiben sie und also unwiderstehelich. Wer will schon beim Sterben der erste sein? Aber so heiteren Herzens sieht man Kinohelden nicht alle Tage zum Himmel fahren.“(Der Spiegel) Modernes, UFA-Palast

L

Lost Highway USA 1996, R: David Lynch, D: Bill Pullman, Patricia Arquette

„Wer rationale Erklärungen für diese faszinierende Reise in die Tiefen des Unterbewußtsein erwartet, wird von Lynch enttäuscht. Denn der Kino-Visionär konfrontiert in seinem Film-Puzzle das Publikum mit einer anderen Welt, auf die sich jeder selbst einen Reim machen muß. Raum, Zeit und Realität sind bloß Spielmaterial, um Themen wie Seelenwanderung, Persönlichkeitsspaltung oder schicksalshafte Kreisbewegungen effektvoll in Szene zu setzen. Zwischen Kafka und Hitchcock, Schizophrenie und Paranoia pendelnd, ist „Lost Highway“ein kompromißloses, wen auch nicht restlos überzeugendes Experiment, das sich als betörendes Beiwerk oder bewußtseinserweiternde Kinodroge interpretieren läßt.“(Bremer) Schauburg, Apollo (Whv)

M

Matilda USA 1996, R: Danny DeVito, D: Mara Wilson, Danny DeVito

„Danny DeVitos Verfilmung von Roald Dahls „Mathilda“ist ein wildes Werk ohne jede Sentimentalität. Es steht hemmungslos auf der Seite seiner frühreifen sechsjährigen Heldin gegen ihren Vater Mr. Wormwood, einen korrupten Gebrauchtwagenhändler, ihre bingosüchtige Mutter und Miss Trunchbull, die kinderhassende Sadistin, die Mathildas Schule leitet. Dies ist Dahl als Neo-Dickens mit seiner kleinen Heldin, die ihre telekinetischen Fähigkeiten einsetzt, um für Bildung und Menschlichkeit zu kämpfen. So inszeniert und ausgestattet, daß sie möglichst nah an die Atmosphäre eines Märchenbuchs herankommt, ist diese vergnügliche Komödie über einen Rachefeldzug extrem zweischneidig. Ich könnte sie mir jedenfalls nicht als den angemessenen Film für die Abschlußfeier einer Schule für höhere Töchter vorstellen.“(The Observer) UFA-Stern, Solitaire (Westerstede)

Metro USA 1996, R: Thomas Carter, D: Eddie Murphy, Michael Rapaport

„Keiner quasselt so viel, so schnell und so verqueres Zeug wie Eddie Murphy. Idealbesetzung also für die Rolle des unorthodoxen Polizeipsychologen, der Geiselnehmern lieber ein Loch in den Bauch redet, als ihnen eine Kugel in den Bauch schießt – bis ein Supergangster einen unerbittlichen Privatkrieg anzettelt. Herausragend auch die anderen Darsteller, die Actionsszenen, das Set-Design, die süffisanten Ideen am Rande. Alle Ingredienzen aber sind verschwendet an eine hanebüchene 08/15-Story, die man schon zu oft im Kino über sich ergehen lassen mußte.“(tip) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Michel in der Suppenschüssel Schweden 1971, R: Olle Helbbom, D: Jan Ohlson

Lustiger Kinderfilm über die Erlebnisse und Streiche des kleinen Michel. Der Regisseur der Pippi Langstrumpf-Serie durfte auch mal einen Film über einen frechen Jungen drehen. Das Buch stammt natürlich von Astrid Lindgren. Atlantis

N

Napoleon Australien 1995, R: Mario Andreacchio

„Der Golden Retriever-Welpe namens Napoleon erlebt aufregende Abenteuer in der wilden Natur Australiens. Ein faszinierender Tierfilm – hätte man auf die Musik gesetzt, den Tieren keine Stimmen ins Maul gelegt und statt dessen einen Erzähler genommen. Doch so verliert die wunderbar inszenierte Geschichte ihren besonderen Zauber.“(tip) Gondel

O

Our Burmese Days Deutschland 1996, R: Lindsey Merrison / englische Originalfassung

„In dem neuesten Dokumentarfilm der in Berlin lebenden Regisseurin Lindsey Merrison geht es um Burma. Der Titel „Our Burmese Days“spielt zurecht auf George Orwells fast gleichlautenden Roman an. Merrisons Mutter ist anglo-burmesischer Herkunft. Der Film dokumentiert ihre erste Reise zurück in die alte Heimat. Bei den Verwandten vor der exotischen Kulisse des fernen Landes spielen sich denkwürdige Szenen ab: Eine Familiengeschichte, die tragisch und komisch ist wie viele, die jedoch einzigartig wird durch den kolonialen Hintergrund. Und den versteht der Film auf sehr persönliche Weise zu beleuchten. Merrisons Mutter ist eine Gestalt, die dem Orwell'schen Roman sehr nahe kommt. Mit ihren Macken, ihrem Humor und ihrer Starrsinnigkeit verkörpert sie das Erbe des kolonialen Empires aufs Schönste auf beiden Seiten.“(taz) Kino 46

R

Das Relikt USA 1996, R: Peter Hyams, D: Penelope Ann Miller, Tom Sizemore

„Mögen Sie Actionhorror pur? Monster-Movies wie „Der Blob“, „Tremors“oder „Aliens“? Dann sitzen Sie im „Relikt“hundertprozentig in der ersten Reihe. Für Schocks und Schauer, Splatter und Spannung sorgt hier eine blutrünstige Schleimkreatur, die sich im morbiden Naturkundemuseum von Chicago eingenistet hat, dort ihr Unwesen treibt und erstmal einem Nachtwächter den Kopf abbeißt. Der Genre-Spezialist vom Dienst, Peter Hyams, haut effektvoll auf den Putz und läßt einen furchteinflößenden Labyrinthgrusler der alten Schule von der Leine: Dunkle Gänge, dunkle Räume, dunkle Ecken und hinter jeder Tür wartet eine Schreckenssekunde auf die Helden und auf uns.“(Bremer) City, UFA-Stern, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Roman Holiday USA 1953, R: William Wyler, D: Audrey Hepburn, Gregory Peck / Originalfassung ohne Untertitel

„Charming. This is the picture that made Audrey Hepburn a movie star. Probably no one could have brought out her skinny, long-necked gamine magic as winningly as the director William Wyler did; his calm, elegant style prepares the scenes and builds the character until she has the audience in thrall, and when she smiles we're all goners. She plays a Central European princess on an official tour of Rome. The princess flies the royal coop and has her first experiences of freedom with an American reporter (Gregory Peck, who is at his most animated and likeable) and his photographer-sidekick (Eddie Albert). The plot is banal, and the movie is no more than a Cinderella-style romantic comedy, but it's enough. (Children adore this fairy tale about a modern princess.)“(Pauline Kael) Kultursaal der Angestelltenkammer

Ronja Räubertochter Schweden/Norwegen 1984, R: Tage Danielsson, D: Hanna Zetterberg

Neben den Pippi Langstrumpf Filmen sicher die gelungenste Adaption eines Romans von Astrid Lindgren. Die Räuber sind lieb und dumm, die Landschaft ist richtig schön wild und Ronja eine pfiffige sowie durch und durch pazifistische Heldin. (hip) UFA-Palast

Rosanna's letzter Wille USA/Italien/Großbritannien 1996, R: Paul Weiland, D: Jean Reno, Mercedes Ruehl

„Über alles liebt Marcello, Trattoria-Besitzer in einem kleinen italienischen Dorf, seine Frau Rosanna, die unheilbar krank ist. Eigentlich kein idealer Ausgangspunkt für eine heiter-romantische Komödie. Doch Drehbuchautor Saul Turteltaub hat aus einer italienischen Volkserzählung eine im besten Sinne altmodische Komödie gemacht. Voller Zuneigung wird man Zeuge, wie der cholerische Marcello verzweifelt versucht, jedermann am Leben zu erhalten, weil nur noch drei Gräber auf dem Dorffriedhof frei sind. Denn der letzte Wunsch der angeblich Todgeweihten ist es, in Heimaterde begraben zu werden. Der Film setzt auf kauzige Charaktere und den widerborstigen Charme Jean Renos, der der sympathischen Figur des stets hysterischen Gastwirts die unbändige Energie einer Comicfigur verleiht.“(D. Lackner) UT-Kinocenter

Die Rückkehr der Jedi-Ritter USA 1983/97, R: Richard Marquand, D: Mark Hamill, Harrison Ford, Carrie Fischer

Auch der letzte Teil der „Star-Wars-Trilogie“wurde jetzt aufwendig restauriert und mit neuer Tontechnik und Computeranimation aufgepeppt. City

S

Sabrina USA 1954, R: Billy Wilder, D: Audrey Hepburn, Humphrey Bogart, William Holden / Originalfassung ohne Untertitel

„Audrey Hepburn is forced to overdo her gamine charm in this horrible concoction about a Cinderella among the rich. She's the chauffeur's daughter who's in love with the playboy son (William Holden) of her father's employer (Walter Hampden). There's also an older son – an earnest magnate – and Humphrey Bogart got trapped in the role. Billy Wilder directed, and he had a hand in adapting the Samuel Taylor play („Sabrina Fair“), though Bogart is said to have accused Wilder's 3-year-old offspring of having written the script.“(Pauline Kael) Kultursaal der Angestelltenkammer

The Saint – Der Mann ohne Namen USA 1997, R: Philip Noyce, D: Val Kilmer, Elisabeth Shue

„Was versteht man beim Film unter „Franchise“? Antwort: ein lizensiertes Markenzeichen wie James Bond oder Batman. Und was macht, wer ein solches Franchise-Produkt lancieren will, aber außer einer kultig angestaubten Romanfigur und einem 60-Mio-Dollar-Budget keinen blassen Schimmer hat, wie das geht? Antwort: Er klaut, wo's nur geht. Bei dem für die Wiedergeburt von Simon Templar verantwortlichen Paramount-Studio erinnerte man sich zudem an den letzten Hit – „Mission: Impossible“– und verpflichtete Regieroutinier Philip Noyce, der bereits mit zwei Tom-Clancy-Adaptionen seine Franchise-Tauglichkeit bewiesen hatte. Ähnlich wie bei der abstrusen Cruise-„Mission“kümmerten sich die Autoren einen Dreck um Story, Plot und Logik.“(TV-Spielfilm) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Solitaire (Westerstede)

Set it off USA 1996, R: Gary Gray, D: Jada Pinckett, Quenn Latifah

„Sie sind Girlz N The Hood: Die hart arbeitenden Freundinnen Stony, Frankie, Cleo und Tisean fühlen sich vom System betrogen und verfallen auf eine irre Idee. Von der lokalen Kiezgröße mit Waffen ausgestattet, beginnen sie eine Karriere als Bankräuberinnen. Das löst finanzielle Probleme und sorgt für den richtigen Adrenalin-Kick – bis sich die Lage dramatisch zuspitzt. Der bestechend besetzte Film ist actionreich, hedonistisch, bewegend, cool. Und kommt der Idealvorstellung eines feministischen Thrillers erstaunlich nahe.“(tip) UFA-Palast

Shine – Der Weg ins Licht Australien 1996, R: Scott Hicks, D: Geoffrey Rush, Noah Taylor, Armin Mueller-Stahl, John Gielgud

Eines der beliebtesten Klischees über Künstler ist es, daß Genie und Wahnsinn nahe beieinander liegen. Wenn nun der australische Film „Shine“von einem virtuosen Pianospielers handelt, der in der psychiatrischen Anstalt landet, sind die Erwartungen schon vorprogrammiert. Und werden zum Glück gründlich enttäuscht. Der Regisseur Scott Hicks erzählt hier die wahre Geschichte von David Helfgott, der in den 50er Jahren als Wunderkind am Flügel reüssierte, auf der Bühne nach dem Spielen des berüchtigt schwierigen 3. Pianokonzerts von Rachmaninoff zusammenbrach und nach einer langen geistigen Umnachtung wieder den Weg in die seelische Gesundheit und ans Klavier fand. Armin Mueller-Stahl spielt Davids Vater als eine wahrhaft erschreckende Mischung aus Tyrann und Opfer. Sein Gegenpol ist John Gielgud in einer weiteren schönen Nebenrolle als ein Musikprofessor, der David in London fördert und so etwas wie sein Traumvater ist. Das Wunderbare an diesem Film ist es, das er trotz Geisteskrankheit und Davids gescheiterter Weltkarriere alles andere als deprimierend ist. Dafür ist Hicks ein zu romantischer und warmherziger Erzähler. (hip) Schauburg

Space Jam USA 1996, R: Joe Pytka, D: Michael Jordan, Bugs Bunny, Daffy Duck

„Einen explosiven Cocktail aus Wirklichkeit und Cartoonphantasie hat das Team Reitman/Pytka hier gemixt: Wo sich Bob Hoskins noch mit einem einzigen Zeischntrick-Hasen namens Roger Rabitt herumschlagen mußte, wird Michael Jordan, einer moderenen Alice in MTV-Wunderland gleich, ganz in die Welt der Cartoonfiguren verpflanzt. Während am einen Ende der Geschichte die Gummikörper der Tooney Tunes für überbordende Phantasie sorgen. stehen am anderen Ende Basketballspieler, die sich alle selbst spielen, für einen bizarren Realitätskick.“(epd-Film) UT-Kinocenter

Die Stadt der verlorenen Kinder Frankreich/Spanien/Deutschland 1995, R: Jean-Pierre Jeunet, Marc Caro, D: Ron Perlman, Daniel Emilfork

„In einer namenlosen Stadt, die ihrer eigenen Kanalisation ähnelt, werden immer wieder Kinder geraubt. Die Entführer bringen sie zu einer Plattform im offenen Meer, dort haust Krank, ein psychisch-mißgstalteter Homunkulus, der versucht, seine innere Leere zu füllen und den überschnellen Alterungsprozeß zu stoppen, indem er den gefangenen Kindern die Träume aussaugt. Mehr als in ihrem gefeierten Debütfilm „Delikatessen“wird Tricktechnik als Selbstzweck zelebriert: Die überbordende Phantasie läßt eine zu wenig durchdachte Geschichte zerfasern; so treten auf der einen Seite Längen auf, während andererseits die Funktionen verschiedener Figuren unklar bleiben.“(Zoom) Atelier

Die Story von Monty Spinnerratz Deutschland 1997, R: Michael F. Huse, D: Lauren Hutton, Beverley D'Angelo

„Die Marionetten der Augsburger Puppenkiste ins Kino zu bringen ist prinzipiell eine tolle Idee. Nur ist sie hier leider völlig verschenkt. Mit Blick auf den US-Markt nahm man ein amerikanisches Kinderbuch als Vorlage und verlagerte damit den Aktionsbereich der „fränkischen Muppets“über den großen Teich. Der Charme der Puppen ist dabei anscheinend irgendwo im Hudson River untergegangen.“(V. Bleek) UFA-Palast, Schauburg, Solitaire (Westerstede)

T

Tage wie dieser... USA 1996, R: Michael Hoffman, D: Michelle Pfeiffer, George Clooney

„In dieser gefälligen, wenn auch etwas zu lange köchelnden romantischen Komödie treffen sich die beiden gehetzten alleinerziehenden Eltern George Clooney und Michelle Pfeiffer an dem nervigsten Tag ihres Lebens. Er ist Journalist bei einer Boulevardzeitung, sie ist Architektin. Beide haben zu viel zu tun und niemanden, der für diesen Tag auf ihre Kinder aufpasst. Obwohl sie sich auf den ersten Blick nicht leiden können, einigen sie sich nach einigem Zögern darauf, für diesen Tag die Elternpflichten zu teilen. Pfeiffers Sohn und Clooneys Tochter haben aber ihre eigenen Pläne und spielen ihren Eltern einen Streich nach dem anderen. Bei den komischen Streitigkeiten versuchen die beiden Stars sich gegenseitig auf bewunderswertem Niveau die Show zu stehlen. Aber leider dauert es eine kleine Ewigkeit bis zu dem Kuß, der sie zusammenbringt.“(International Herald Tribune) UT-Kinocenter, Ufa-Palast, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Turbulence USA 1977, R: Robert Butler, D: Lauren Holly, Ray Liotta

„Serienkiller plus Flugzeugkatastrophe – schon dieser faszinierende Drehbucheinfall, der zwei denkbar inkompatible Motive über die Klippen der Wahrscheinlichkeit und der dramaturgischen Vernunft hinweg zusammenbringt, berechtigt zu den schönsten Hoffnungen. Und „Turbulence“erfüllt sie alle. Hier entfaltet sich ein Desaster-Movie im Geist der siebziger Jahre, mit unheilvollen Dialogen, geradlinigen Charakteren, hysterischen Effekten, heilsamer Moral und allerhand praktischer Überlebenstips. Die Leistung von Karen Blacks wackerer Flugbegleiterin in dem guten alten „Airport“überbietet Lauren Holly mühelos. Von ihr lernen wir, wie man einen Serienkiller zur Strecke bringt, unter fernmündlicher Anleitung einen Autopiloten programmiert und eine Karaoke-Party im obersten Stockwerk eines Wolkenkratzers sprengt.“(epd-Film) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

U

Unzipped USA 1994, R: Douglas Keeve, D: Issac Mizrahi, Naomi Campbell, Earta Kitt

„Über Mode sollte nicht groß geredet und schon gar kein großer Film gedreht werden. Mode ist zum An- und Ausziehen da. Douglas Keeves Dokumentation über die Entstehung einer Winterkollektion von Issac Mizrahi dreht sich denn auch weniger um den schönen Firlefanz als um den US-Designer selbst, um einen sympathischen Wirrkopf nämlich, der für viel Glamour und Spaß sorgt. Die Statistinnen heißen Naomi Capbell, Linda Evangelista und Kate Moss – die natürlich auch backstage wie Supermodels aussehen. Die wahre Inspiration liefert dem Modemacher aber das Leben: Die Klotapete eines China-Restaurant etwa oder eine spirtistische Sitzung.“(Der Spiegel) Kino 46

V

Vertrauter Feind USA 1997, R: Alan J. Pakula, D: Brad Pitt, Harrison Ford

„Wer ein rechtschaffender Ire ist, läßt einen Landsmann in der Fremde nicht verkommen. So gibt der New Yorker Streifenpolizist Harrison Ford Brad Pitt, der frisch aus Belfast gekommen ist, eine Bleibe. Daß das keine gute Idee ist, zeigt der Film. Pitt entpuppt sich als IRA-Untergrundkrieger, der in den USA eine Ladung Raketen beschaffen soll. Als der brave Ford das spitzkriegt, wird einerseits aus dem Krimi ein tränenschweres Männerfreundschaftdrama und geht andererseits ein so mächtiges Geballer los, daß der Krieg in Belfast fast idyllisch erscheint.“(Der Spiegel) UFA-Stern

14 Tage lebenslänglich Deutschland 1996, R: Roland Suso Richter, D: Kai Wiesinger, Michael Mendl, Sylvia Leifheit

„Wenn ein Film mit einer derart kalten, gefühlslosen Sexszene beginnt wie dieser, dann ahnt man schon, daß es anders läuft als in all den Komödien und Beziehungsfilmchen aus deutschen Landen. Für Roland Suso Richters sehenswertes Knastpsychodrama magerte Kai Wiesinger deutlich ab; auch optisch wollte er sich deutlich von seinem bisherigen „Softie“-Image distanzieren. Um seine verschuldete Kanzlei medienwirksam ins Gespräch zu bringen, akzepiert der arrogante Junganwalt Wiesinger eine Erzwingungshaft von 14 Tagen für nichtbezahlte Parktickets. Doch kurz vor seiner Entlassung wird in seiner Zelle eine große Menge Kokain gefunden, und er wird zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Er weiß, daß er reingelegt worden ist. Und er ahnt auch, von wem ...“(Tv-Spielfilm) Ufa-Stern, Casablanca (Ol)

Viva Las Vegas USA 1996, R: Stephen Kessler, D: Chevy Chase, Beverly D'Angelo, Randy Quaid

„Ein später und müder Nachzügler zu den von John Hughes geschriebenen und in den USA höchst erfolgreichen Familienkomödien aus den achtziger Jahren, in denen die Familie Griswod an verschiedenen Orten ein Chaos anrichtet. Diesmal heißt das Ziel Las Vegas, wo Vater Griswod (Chevy Chase) bei einem hämischen Kartengeber (ein Lichtblick: Wallace Shawn) eine beträchtliche Summe verspielt, während sein Sohn ebenso heftig gewinnt und die Ehefrau von einem Entertainer umgarnt wird. Bis auf einige Gags weitgehend harmlos.“(tip) UT-Kinocenter

W

Wer ist Mr. Cutty? USA 1996, R: Donald Petrie, D: Whoopi Goldberg, Diane Wiest, Eli Wallach

„Was haben sich die Produzenten dieser erschreckend witzarmen Hochfinanzkomödie gedacht? Vielleicht: Wenn Robin Williams als ältliche Babysitterin komisch war, daß Whoppi Goldberg als ältlicher Finanzhai noch komischer wäre? Von wegen! In der Tradition (aber nicht der Klasse) von „Tootsie“und „Mrs. Doubtfire“schlüpft Whoopi Goldberg in die Doppelrolle. Als Laurel Ayres hat sie zwar ein Händchen an der Wall Street, aber auch das falsche Geschlecht. Sie erfindet den Geschäftspartner Robert Cutty, läßt sich schließlich zum Mann ummodeln und geigt allen Chauvinisten die Meinung. Man weiß nicht, was unglaubwürdiger ist: das Make-up oder die Moralpredigt.“(TV-Spielfilm) UFA-Stern

White Lies USA 1996, R: Ken Selden, D: Julie Warner, Rosanna Arquette

„Farce um einen Aufseher im New Yorker Guggenheim Museum, der sich als Maler ausgibt und so in den Vernissage-Zirkel von Hype und Hysterie gerät. Um weiterhin Schampus- und Kanapee-Kultur genießen zu können, braucht der engagierte Verfechter der „schwarzen Kunst“allerdings auch Vorzeigebilder, die er sich schließlich von einer heroinsüchtigen Pinselartistin aus der Nachbarschaft besorgt. Bittersüße Komödie, die süffisant den Kunstbetrieb vorführt.“(Focus) UFA-Stern

Wild at Heart USA 1990, R: David Lynch, D: Nicholas Cage, Laura Dern, Willem Dafoe

Die Reste eines Schädels fliegen durch die Luft, eine Hexe reitet auf ihrem Besen, Sailor und Lula tanzen wie Besessene am Straßenrand in der menschenleeren amerikanischen Ebene zu kreischender Rockmusik. Bei den Liebesszenen im schäbigen Motel modert Kotze auf dem Teppichboden und jedes angezündete Streichholz explodiert auf der Leinwand in surrealer Lautstärke und Intensität. David Lynch treibt alles bis zum Äußersten und trifft hier genau die Nerven seiner Zuschauer. Als „Wild at Heart“neu in die Kinos kam, wendeten sich einige abgewidert von diesem „spekulativen Machwerk“ab. Aber viele ließen sich auf Lynchs Obsessionen ein und genossen sein geniales Durcheinander aus Komödie, Märchen, Roadmovie, Krimi, Erotik, Kunst und Ekel. (hip) Modernes

William Shakespeares Romeo & Julia USA 1996, R: Baz Luhrmann, D: Leonardo DiCaprio, Claire Danes

„Kinder reicher Eltern, die in großen Schlitten durch die Gegend fahren und sich kleine Schießereien liefern: Wie bei der zufälligen Begegnung an der Tankstelle, die dann in Flammen aufgeht – Auftakt für „William Shakesspeare's Romeo & Julia“, der keinen klassischen Theaterfilm abgibt. Regisseur Baz Luhrmann spielt ironisch mit Versatzstücken aus der elisabethanischen wie der heutigen Zeit. Die Geschichte von Romeo und Julia wird von einer farbigen Ansagerin im Fernsehen präsentiert, wo – und das ist überhaupt der Clou des ganzen Films – allerdings Original-Shakespeare gesprochen wird. Luhrmanns Film ist eine echte Teenage-opera, unglaublich romantisch und tragisch zugleich. Ausgesprochen sympathisch und natürlich herzergreifend.“(taz) UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Solitaire (Westerstede)

Z

2 Tage L.A. USA 1996, R: John Herzfeld, D: James Spader, Teri Hatcher, Danny Aiello

John Herzfeld läßt in seinem Debütfilm eine ganze Reihe von Figuren eher zufällig aufeinandertreffen, und er kann sich die sonst notwendige Exposition sparen, weil der Zuschauer sich aus den geläufigen Kinomythen von Los Angeles sofort die Figuren selbst zusammenreimt. Wie durch ein unsichtbares Netz werden die einzelnen Charaktere und Erzählstränge immer näher und zwingender zueinandergeführt. Ganz ähnlich hat Robert Altman L.A. in „Short Cuts“portaitiert, aber Herzfeld ist längst nicht so pessimistisch und moralisch wie dieser. „2 Days in the Valley“entpuppt sich mit der Zeit als romantische Thriller-Komödie, und seit Hitchcock in dieser Genre-Mischung den Standard gesetzt hat, gehört sie zu den schwierigsten Balanceakten für Hollywood-Regisseure. Zwischen solchen Fußfallen wie den Sentimentalitäten von Filmen wie „Ghost“und der Gefahr, ein weiterer von Tarantinos vielen Epigonen zu werden, strauchelt Herzfeld kein einziges Mal. Und auch wenn er Los Angeles als ein gefährliches Babylon schildert, zeichnet er einige seiner Figuren so liebevoll und menschlich, daß sie auf Erlösung hoffen dürfen. Gerade der auf den Hund gekommene Profikiller Dosmo bekommt etwa eine Chance, obwohl er schlechte Manieren hat und einfach so in einer Villa ein paar Geiseln nimmt. (hip) Schauburg, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)