Weder Teenie-Palast noch Wichtig-Wichtig

■ Das Comeback des Grünspan: Uriz von Oertzen will den alten Club mit neuem Konzept zur Erwachsenen-Disco und zum entspannten Live-Musik-Ort machen

„18 Container Schrott haben wir hier rausgeholt“, stöhnt Uriz von Oertzen. Seit einigen Monaten renoviert er das Grünspan. In fast 30 Jahren als Veranstaltungszentrum wurden die Räumlichkeiten in der Großen Freiheit 58 mit allerhand Schnickschnack zugepappt – was eben so in den verschiedenen Zeiten als schick galt. Schicht auf Schicht, gnadenlos. Doch jetzt erstrahlt der entkernte Saal mit seiner großzügig gezogenen Decke wieder in der alten Jugenstil-Pracht.

Und von Oertzen frohlockt: „Ich schätze die Atmosphäre des Hauses. Ich war das erste Mal vor 29 Jahren im Grünspan, da herrschte dort eine unglaublich kreative Atmosphäre. Das soll jetzt wieder so werden.“Der Impressario, der den Club bis auf weiteres als Fan ehrenamtlich führt und, wie er betont, geschäftlichen Interessen nur auf eigenen Party-Veranstaltungen nachkommt, hält die Programmgestaltung bewußt vage. „Alles ist möglich. Neben Konzerten und Disco-Veranstaltungen können zum Beispiel Ausstellungen stattfinden. Anregungen sind uns willkommen.“

Was er will, läßt von Oertzen einigermaßen offen. Was er nicht will, weiß er genau: „Das soll kein Teenie-Palast werden, die Zielgruppe sind Leute über 25. Die Wichtig-Wichtig-Schiene soll hier auch nicht gefahren werden, wir wollen kein Traxx werden. Und auf Sponsoren-Parties legen wir ebenfalls keinen Wert.“Getränke-Preise und Eintritt sollen niedrig gehalten werden in der Disco.

Das Wort Disco benutzte zur Gründerzeit vom Grünspan noch niemand, dafür war psychedelischer Rock das große Ding. Sowas kannte man 1968 in Hamburg noch nicht: einen großen Raum, in dem laute Musik vom Plattenspieler gespielt wurde und gigantische Lichteffekte die Sinne durcheinanderbrachten – oder in die richtige Ordnung, je nachdem, auf welcher Seite man stand. Der Hamburger Schriftsteller Hubert Fichte zum Beispiel ließ sich hier durchs Stroboskop zu Essays über die Wahrnehmung inspirieren. Das flackernde Licht ist denn auch eine der wenigen Konstanten in der wechselhaften Geschichte des Grünspans, das in den letzten Jahren vor allem als House-Club betrieben wurde.

Jetzt sollen auch verstärkt Live-Auftritte in der Halle stattfinden, die von der Kapazität ungefähr dem Mojo Club entspricht. Ike Turner oder die Wallflowers haben schon gespielt, Andreas Dorau folgt in Kürze. Allerdings betont von Oertzen, daß man der benachbarten Großen Freiheit 36 oder dem Logo keine Konkurrenz machen wolle: „In erster Linie sind wir eine Discothek.“Was nicht die Tatsache verdecken kann, daß Hamburg einen Konzertclub mittlerer Größe verdammt gut gebrauchen kann.

Christian Buß