Die mit den Hähnen kämpfen

■ Der Arbeitskreis „Musikstadt Bremen“: Konzeption nicht in Sicht, aber Anspruch auf höchster Ebene

Auch die Kulturbehörde hat ihre Kulturinitiative. Sie heißt Arbeitskreis „Musikstadt Bremen“und wurde von der Behörde im vergangenen Jahr ins Leben gerufen. Nach außen will der Arbeitskreis repräsentativ bremische Produktionen vorstellen. Das hat er erstmals mit überstürzter Vorbereitung und trotzdem gutem Erfolg mit dem Stand auf der Messe „Klassik-Komm“in Köln im vergangenen Jahr getan. Seitdem ist es still geworden. Grund genug, nachzufragen, was aus der Initiative geworden ist. „Die machen Sitzungen“, so der Theaterintendant Klaus Pierwoß.

Neben dem Theater sind das Philharmonische Staatsorchester, die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Radio Bremen, die Glocke und das Musikfest mit von der Partie. Vor dem kulturpolitischen Hintergrund gestaltet sich die Zusammenarbeit extrem schwierig. Das Musikfest hatte bei seiner Gründung 1989 freies und leichtes Profilierungsfeld: Die Leistungen des Staatsorchesters konnte man vergessen, die Glocke, Theater, Radio Bremen auch, die Kammerphilharmonie war noch nicht da. Diese alle haben inzwischen ein überregionales Qualitätsniveau erreicht, was die Funktion des Musikfestes einerseits relativiert, es andererseits erforderlich macht, Termine und Inhalte abzusprechen. „Doubletten zu vermeiden, klarer nach außen aufzutreten“, sind nach Angaben Regine Maiers vom Theater Ziele des Arbeitskreises.

Anders die Kulturbehörde: „Die Festlegung von Qualitätsstandards“sei dringend notwendig, heißt es in einem Entwurfspapier zur Konzeption. Rainer Köttgen, Hauptabteilungsleiter im Riesenressort der Senatorin Bringfriede Kahrs (SPD), hat, wie er selber sagt, „nicht viel Ahnung“. Aber er stellt „lausig viele Fragen und ist ja vielleicht lernfähig“, weiß Peter Schilbach von Radio Bremen über die Sitzungen zu berichten. Und es ist „immer gut, wenn die Nichteffizienten Effizienz verlangen“, meint Klaus Pierwoß. So traf man sich einige Male mehr oder weniger unvorbereitet – Musikfestleiter Thomas Albert erschien zu diesen Sitzungen nicht. „Wir haben Informationsträger für das Musikfest gespielt, umgekehrt war das nicht der Fall“, kritisiert Generalmusikdirektor Günter Neuhold. So schaukelte sich der „Adrenalinspiegel“(Köttgen) der Beteiligten hoch, bis Thomas Albert zur letzten Sitzung erschien (Neuhold: „Ich habe mich da mal laut gemacht“), seine Termine offenlegte und das Musikfest auf den Zeitraum Ende August bis Anfang September beschränkte. „Es war eine harte Auseinandersetzung“, bilanziert Peter Schilbach.

Die Problematik mit dem Musikfest ist also vordergründig vom Tisch. Doch damit sind nicht alle Probleme ausgeräumt: „Ich will mit denen über Qualität reden, aber die wollen sich nicht in die Karten gucken lassen“, so Rainer Köttgen. Trotzdem halten alle den Arbeitskreis „Musikstadt Bremen“für äußerst sinnvoll. Wobei vollkommen offen ist, wie er künftig gestaltet werden kann, denn „da geraten sich schon mal Kampfhähne in die Haare“(Peter Schilbach). Andreas Schulz von der Glocke: „Daraus kann was werden, ich bin aber sehr vorsichtig, da jetzt schon dran zu glauben“. Auch Thomas Albert klinkt sich in solidarische Äußerungen ein: „Es ist bitter notwendig, daß inhaltlich und strukturell mit politischer Begleitung diskutiert wird“.

Daß die erwähnten Gruppen nicht allein das bremische Musikleben repräsentieren, ist klar. Aber es ist noch völlig offen, mit welchen Kriterien andere musikalische Initiativen im Arbeitskreis vertreten sein können und wie die „Events“wie das geplante Musical auch Bestandteil des Arbeitskreises sein könnten. Bremen lebt von seiner Vielfalt; die Diskussion darüber, wer bei der diesjährigen „KlassikKomm“vertreten sein wird, dürfte die Quadratur des Kreises sein: „Hierzu müssen praktikable Möglichkeiten entwickelt werden“, heißt es dazu lapidar im Konzeptpapier. Anspruch, Definition, Darstellung und Vermarktung „Musikstadt Bremen“– in dieser Reihenfolge – können erst aus einer auch nur einigermaßen schlüssigen Konzeption entwickelt werden, vorerst ist es eher umgekehrt: Konzeption nicht in Sicht, aber Anspruch auf höchster Ebene. Geld hat die Initiative nicht, aber wahrscheinlich bleibt es nicht aus, daß der Arbeitskreis sich mit der neugegründeten Bremer Marketing GmbH und der geplanten Kultur GmbH Kontrolle und Eingriffe gefallen lassen muß. Dann allerdings würde es schlecht aussehen mit der Solidarität unter den bremischen Musik-VeranstalterInnen.

Ute Schalz-Laurenze