Das Bargeld wird abgeschafft

Jetzt neu: Die aufladbare elektronische Geldbörse statt Münzen und Scheinen im Portemonnaie. Soziale Kontrolle gibt's kostenlos und inklusive dazu  ■ Von Hannes Koch

Mit Geld kann man teure Sachen kaufen. Es ist auch selbst nicht ganz billig – bei Herstellung, Vernichtung und dem Transport zwischendurch. „Stellen Sie sich vor, was es kostet, Tonnen von Münzen und Scheinen mit dem Lkw durch die Gegend zu fahren!“ ereiferte sich gestern Rudolf Prast, Vorstandsmitglied der Volksbank. Angeblich Hunderttausende von Mark! Das „technologieorientierte Institut“ will deshalb das Bargeld abschaffen. Statt mit Materie sollen wir in Zukunft mit elektronischen Impulsen bezahlen, statt Atomen in einem Lederportemonnaie besser Bits mittels einer „elektronischen Geldbörse“ in der Tasche tragen.

Seit gestern steht in der Volksbank-Filiale am Kaiserdamm das erste Ladegerät Berlins, mit dem man sein Zukunftsportemonnaie füllen kann. Zur Zeit einige wenige, bald jedoch 50 Geschäfte im Umkreis akzeptieren das neue Zahlungsmittel. Dann wird es am Alexanderplatz eingeführt, danach in Potsdam. Und später überall. Bis zum Jahr 2000 werden wohl die meisten Banken die Millionen von EC- und sonstigen Scheckkarten, die sie an ihre KundInnen ausgeben, mit einem zusätzlichen kleinen Speicherchip versehen. Die Volksbank hat bereits 150.000 KontoinhaberInnen mit neuen EC-Karten versorgt. Die seit Jahrtausenden gebräuchlichen Münzen sind bald nur noch gut für die Antiquitätensammlung, Geldnoten noch etwas länger in Gebrauch.

Das System funktioniert so: An einem schicken, versilberten, verglasten und ergonomisch wohlgestalteten Geldautomaten kann man von dem eigenen Konto bis zu 400 Mark auf den Chip der Scheckkarte speichern. Der Optiker an der Ecke, der Supermarkt und perspektivisch alle Geschäfte buchen die Summe des Einkaufs vom Chipportemonnaie ab. Abends schicken die Händler ihre gesammelten Tagesbuchungen per Telefonleitung zur Bank, was die Überweisung aufs Geschäftskonto auslöst. Zusätzliche Kosten für die KonsumentInnen zur Zeit: null.

Aber was bringt uns das Ganze? Unheimlich kundenfreundlich sei das Verfahren, argumentiert volksverbunden die Volksbank. Vorbei die Zeiten, in denen wir kiloweise Groschen in ausgebeulten Hosentaschen mit uns herumschleppten. Außerdem könne man bald überall da bargeldlos bezahlen, wo die heutigen Scheckkarten nicht weiterhelfen: an den Fahrkartenautomaten der BVG, Parkuhren und Theaterkassen. Selbst der Bäcker überlasse einem die Schrippen später gegen Datengeld.

Tatsächlich jedoch liegt der Hase woanders im Pfeffer. Innovation ist gut, wenn sie der Bank Kohle bringt. „Heute müssen unsere Mitarbeiter die Geldautomaten täglich nachladen“, so Volksbanker Prast. Später nicht mehr nötig: Die Stelle fällt weg. Der Fahrer des Geldtransporters? Eingespart. Die Arbeit fürs Einrollen der Münzen in Papier – wegrationalisiert.

Im übrigen sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt, so Vorstand Prast, was die weitere Verwendung der Geldkarten angeht. Denn der Chip kann noch vielmehr speichern als kleine Infohäppchen über 400-Mark-Beträge. Die Bitbörse läßt sich zur Zugangsberechtigung für Gebäude, Fahrkarten, Sozialversicherungskarte und Personalausweis erweitern. Setzen wir alles auf eine Karte, mögliche Kontrollen inklusive!