Interessen in die eigene Hand genommen

■ LandesschülerInnenkonferenz tagte mit 120 Teilnehmern

Nicht zur Schule gingen am vergangenen Mittwoch um die 120 Schüler und Schülerinnen von etwa 80 Berliner Oberschulen. Sie trafen sich statt dessen zur sechsten ordentlichen LandesschülerInnenkonferenz (LSK) im Kreuzberger Jugendzentrum „CHIP“. Auf dem Programm des mindestens jährlich stattfindenden Zusammentreffens standen zahlreiche Arbeitsgruppen, Rechenschaftsbericht und Neuwahl des SprecherInnenrates. Außerdem sollte eine Debatte über das Programm für das kommende Jahr geführt werden, in dem neben schulpolitischer Arbeit auch allgemeinpolitische Aktivitäten und das Vorantreiben der Organisierung zu finden sind.

Eingerichtet wurde die nicht im Schulverfassungsgesetz vorgesehene LSK, zu der jede/r SchülerIn kommen kann, vor knapp drei Jahren von den SchülerInnen selbst. Das herkömmliche SchülerInnenorganisierungsmodell sei „zu undemokratisch und nicht arbeitsfähig“, so Peter Hartig vom SprecherInnenrat, dem ausführenden Gremium der LSK. Nach der morgendlichen Begrüßung in lockerer Atmosphäre im Plenum tagten zunächst die Arbeitsgruppen. Dort wurde diskutiert und wurden Standpunkte erarbeitet zu Themen wie Herabsetzung des Wahlalters, Schulverfassungsgesetznovellierung, Frauen und Schule und Sparmaßnahmen. In anderen AGs konnte man sich über Schülerzeitungsherstellung, SV-, Antifa- und Umweltarbeit informieren. Auf Mittagessen und AG-Auswertung folgten die allgemein als anstrengend und trocken empfundenen Wahlen zum SprecherInnenrat, der Rechenschaftsbericht über das vergangene Jahr und die Programmdebatte. Der SprecherInnenrat konnte eine weitgehend positive Bilanz ziehen. Auch wenn man mit Nachwuchs- und Kontinuitätsproblemen zu kämpfen gehabt habe, sei die Arbeit erfolgreich gelaufen. Neben den fortgesetzten Bemühungen, auf Landes- und Bundesebene Strukturen der Schülerorganisierung zu etablieren bzw. daran teilzunehmen, hätten die Gremien inhaltlich gearbeitet, sich an verschiedenen Aktionen, Demos und dem Bündnis gegen Sozialabbau beteiligt.

Dies soll auch im kommenden Jahr fortgesetzt werden. Neben der landesweiten Schülerzeitung Vogelfrei, deren erste Ausgabe am 5. Juni erscheinen soll, wird die geplante Novellierung des Schulverfassungsgesetzes, auf die die SchülerInnen stark Einfluß nehmen wollen, einen Schwerpunkt bilden. In der jetzigen Fassung des Gesetzes sehen sie eine der Ursachen für ihre Nachwuchsprobleme und das fehlende politische Engagement vieler SchülerInnen. „Nicht die Politikverdrossenheit, sondern eine Verdrossenheit der Politik“ sei dafür verantwortlich, meint Peter Hartig. „Wir Schüler werden nicht beachtet“, sagt er und ärgert sich: „Man rennt dauernd gegen Wände, wenn man sich engagiert.“ Andere meinen, man müsse vermitteln, daß man was erreichen kann, damit SchülerInnen sich engagieren.

Trotz derartiger Probleme ist der Trend in den letzten Jahren eher positiv, meint Hartig. Die SchülervertreterInnen können immerhin für sich verbuchen, sich neben den vorgeschriebenen Gremien eigene, demokratischere und mit allgemeinpolitischem Mandat ausgestattete Strukturen, wie die LSK und ihren SprecherInnenrat, geschaffen und gegen den Widerstand von Senat und Landesschulamt etabliert zu haben. Tobias Singelnstein