Frauen an den Herd, Ausländer weit weg

Der Datenreport 1997 vermeldet altbekannte Meinungen der Deutschen zur Rolle der Frau und zur Nähe der Immigranten. Angst vor Kriminalität rangiert vor der Sorge um den Arbeitsplatz  ■ Aus Berlin Annette Kanis

Kinder, Küche, Kirche – dieser Spruch aus Großmutters Zeiten ist auch heute bei den Deutschen in den alten Bundesländern populärer, als die meisten denken – und so manche befürchten.

Wenig Fortschritt bei der Einstellung zur traditionellen Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau vermeldete gestern das Statistische Bundesamt bei der Vorstellung des Datenreports 1997 in Berlin. Selbst die männlichen Umfrageexperten zeigten sich verblüfft angesichts der altmodischen Ansichten ihrer Landsleute.

„Es ist für alle Beteiligten viel besser, wenn der Mann voll im Berufsleben steht und die Frau zu Haus bleibt und sich um den Haushalt und die Kinder kümmert.“ Diesem Satz, der viele Frauen und so manchen Mann seit Jahren empört, stimmte wie schon vor fünf Jahren die Hälfte aller westdeutschen Befragten zu – Frauen zu 47 Prozent, Männer zu 53 Prozent.

„Die meisten Sozialwissenschaftler hätten vermutet, daß sich das ostdeutsche Rollenverständnis durchsetzt“, kommentierte der Mannheimer Datenforscher Heinz-Herbert Noll das Umfrageergebnis. Denn der Osten hat seine „emanzipatorische“ Neigung noch verstärkt. Wünschten sich 1991 noch 33 Prozent die Frau an den Herd, so sind es jetzt nurmehr 26 Prozent.

Doch der Datenreport 1997 präsentiert nicht nur deutsche Ansichten zur Rolle der Frau. Fleißig hatte das Statistische Bundesamt wieder Daten und Fakten zusammengetragen. Ergänzt wurden sie durch Umfragen zu objektiven Lebensbedingungen und subjektivem Wohlbefinden im vereinten Deutschland.

Dazu zählen die zum Teil erschreckenden Einstellungen gegenüber Zuwanderern. Am wenigsten willkommen sind Asylsuchende – knapp 50 Prozent der Befragten finden die Vorstellung vom Flüchtling nebenan als „unangenehm“. Schwer haben es auch die in Deutschland lebenden Immigranten türkischer Herkunft. 33 Prozent der Westdeutschen bzw. sogar 43 Prozent der Ostdeutschen ist nachbarschaftliche Nähe – in der Umfrage die Umkehrung von sozialer Distanz – ein Greuel. Am besten kommen noch die italienische Einwanderer weg. Immerhin 53 Prozent der Westdeutschen und 34 Prozent der Ostdeutschen fänden eine Nachbarschaft „angenehm“. Die Studie führt die Ergebnisse auf kulturelle Unterschiede zurück, die von vielen Deutschen als problematisch vor allem für engere soziale Beziehungen eingeschätzt würden.

Nachgefragt haben die Demoskopen auch wieder bei der Bewertung der eigenen Lebensbedingungen. In Ostdeutschland bleibt die überwiegend positive Bewertung seit 1993 im wesentlichen stabil, wenn auch Ende 1996 nur knapp die Hälfte eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen wahrnahm. In den alten Bundesländern nehmen die negativen Einschätzungen seit 1995 zu. Hier sehen die Umfrageexperten einen Zusammenhang zur wirtschaftlichen Krise sowie Auswirkungen der Wiedervereinigung.

Am meisten angst macht den Deutschen – Ost (71 Prozent) wie West (52) – an erster Stelle die Entwicklung der Kriminalität, gefolgt von der Sorge um den Schutz der Umwelt und der Erhaltung des Friedens. Die Sorge um den Arbeitsplatz ist seit 1990 im Osten von 38 Prozent auf 24 zurückgegangen, im Westen stieg sie von acht auf zehn Prozent.

Dabei sprechen die Fakten zum Arbeitsmarkt eine harte Sprache. Vier Millionen Arbeitslose, so viele wie noch nie in der Nachkriegszeit. Auch die Lage auf dem Lehrstellenmarkt hat sich weiter verschlechtert. Knapp 30.000 Ausbildungsplätze weniger wurden den Arbeitsämtern im Ausbildungsjahr 1996/97 gemeldet.

Tröstliches ist von der Unfallstatistik zu vermelden. Mit immer noch 6.526 Verkehrstoten im früheren Bundesgebiet wurde 1995 die niedrigste Quote seit Einführung der Statistik vor zwölf Jahren erreicht. Im Osten, wo die Pkw- Dichte bald den westdeutschen Standard erreicht hat, starben noch fast doppelt so viele Menschen im Straßenverkehr.