Blau die Flagge weht

Tabufreie Zone Yachthafen Wedel: Motorschiff-Fahrer und Segler endlich in einem Boot  ■ Von Heike Haarhoff

Für große gesellschaftliche Umbrüche im Hafen braucht es Männer. Männer, die jenseits aller Tabus Visionen für künftige Generationen entwickeln und den Mumm haben, diese umzusetzen. Hans-Otto Noack ist so einer. Der Chef der noblen Hamburger Yachthafen-Gemeinschaft (HYG) mit Sitz in Wedel hat die hauptversammelten Clubmitglieder überzeugt, die Bootsstege im Wedeler Yachthafen künftig auch für Motorboote freizugeben.

Mit einer jahrzehntelangen Tradition wird gebrochen: Bislang war Wedel ausschließlich Seglern und ihren Jollen vorbehalten. Ist doch das Motorboot mit seinen „kleinen, häßlichen Wellen und dem Imponiergehabe seiner Besitzer“(ein bekennender Segler) das Feindbild des Skippers schlechthin.

„Zwischen Segelschiffen und Motorbooten herrscht absolute Gleichberechtigung“, suchte Noack gestern vor der Presse Vorurteile zu entkräften. Denn nicht zuletzt aus finanziellen Gründen will der HYG-Kapitän es sich keinesfalls mit den motorisierten Wassersportlern verscherzen: Die Erweiterung des Yachthafens Wedel von 1850 auf künftig 2100 Liegeplätze will über die Beiträge neuer Mitglieder bezahlt sein. Jeder Neuzugang beschert der HYG rund 5.000 Mark Aufnahmegebühr. Zusätzlich kostet der Liegeplatz rund 800 Mark Jahresmiete.

Allein die Erneuerung der 182 hochwassersicheren Holzpfähle im vergangenen Winter habe 1,5 Millionen Mark gekostet. Mit einer ebenso „großen Kraftanstrengung“habe die HYG, in der rund 50 Hamburger Bootsvereine zusammengeschlossen sind, im vergangenen Jahr für insgesamt 7,5 Millionen Mark Hafenanlagen und Wasserflächen von der Stadt Hamburg und dem Bund gekauft. Daß die Wirtschaftsbehörde als unbefristete Dauersubvention weiterhin jährlich 143.000 Mark für Unterhalt und Ausbaggerung der Fahrrinnen zuschießt, erwähnt die HYG mit keinem Wort. Jeder andere Hamburger Sportverein erhält bestenfalls ein Viertel dieser städtischen Fördermittel.

Aber schließlich hat auch nicht jeder Sportverein solche Erfolge vorzuweisen wie die HYG: Sie hat in diesem Jahr zum neunten Mal in Folge die „Blaue Flagge“für besondere Verdienste im Umweltschutz von der Deutschen Gesellschaft für Umwelterziehung verliehen bekommen. Prächtig prangt der blaue Stoff neben Wimpeln, die an die 70. Nordsee-Woche Helgoland 1995 und andere unvergeßliche Ereignisse im Leben eines Seglers erinnern. „Uns entsteht durch die blaue Flagge kein wirtschaftlicher Vorteil“, versichert Noack. „Wir kriegen sie als Ausdruck dafür, daß wir nicht im Schilf ankern, keine Dosen über Bord werfen und nicht den Seehunden nachlaufen.“