Von Kniegezitter und Leid

■ Oldenburger PsychologInnen untersuchten Verliebtsein, Liebe, Eifersucht

„Eifersucht habe ich mir abgewöhnt“, sagt Otto W. (38, Bremer). Und weiter: „Ist alles eine Frage des Vertrauens.“– Otto W.s Haltung war nicht relevant für die neuen Studien „Liebe und Verliebt-sein“und „Eifersucht – ein Kind der Liebe“an der Oldenburger Uni. Hingegen wählten die PsychologInnen der Forschungsgruppe „Emotion und Kommunikation“Studierende der Uni Oldenburg als ProbandInnen, die also fürderhin neueste norddeutsche Erkenntnisse in Liebesdingen repräsentieren. Wiederzugeben ist an dieser Stelle außerdem die weitverbreitete (romantische) Überzeugung, daß Liebe ein Mysterium ist und dies gefälligst auch bleiben soll. Vielleicht lesen Sie ja trotzdem weiter.

„Liebe und Verliebtsein“– initiiert von Prof. Dr. Ulrich Mees (53), Psychologe am Institut zur Erforschung von Mensch-Umwelt-Beziehungen – widmete sich der Frage: „Was meinen wir, wenn wir von Liebe – genauer: der Liebe zur Partnerin/zum Partner – reden?“Dazu wurden 30 signifikante Liebes-Merkmale entwickelt, etwa Wertschätzung, enge Verbundenheit, volles Vertrauen, körperliche Empfindung, Sehnsucht nach Zusammensein. Diese Merkmale sollten dann die ProbandInnen als „unverzichtbar“den Stadien „Verliebtsein“und „Liebe“zuordnen.

Ergebnis: beide Stadien/ Gefühle zeichnen sich durch Merkmale wie Zärtlichkeit, Freude über das Zusammensein, starke Zuneigung aus. Eklatante Unterschiede gibt es etwa in der Rubrik „körperliche Empfindungen“wie Herzklopfen, Kniezittern u.ä. (Verliebtsein: für 96 von 100 „unverzichtbar“, Liebe: für 17 von 100). Beim Merkmal „offen und ehrlich sein“geben 22 von 100 Verliebten „unverzichtbar“an, bei den Liebenden sind es 86 von 100. In diesem Tenor geht es weiter, und alles klärt sich mit der Aufschlüsselung, daß die ProbandInnen „Verliebtsein“als frühe Phase empfinden, die entweder in Liebe übergeht oder endet. Wovon letzteres abhängt, bedürfe einer weiteren Untersuchung, so Mees. 15 Prozent der InformantInnen gaben an, die jeweils gleiche Person sowohl zu lieben als auch in sie/ihn verliebt zu sein.

Interessant wird es dann bei Mees' Randfolgerungen: Von der PartnerIn werden stets mehr Liebesindizien erwartet als von sich selbst: Sie oder er soll „besser verstehen“, „treuer sein“, „mehr begehren“. (Das gilt laut Studie für Frauen wie Männer gleichermaßen.) Außerdem erweise sich die Liebe (sobald vorhanden) als recht robust. Als Haupt-Merkmale, die zum „Entlieben“führen, wurden genannt: Die PartnerIn freut sich offenbar nicht mehr am Zusammensein, liebt eine andere Person oder übernimmt keine Verantwortung. Mees zieht daraus den Schluß: Man kann seine/n PartnerIn nur dann auf Dauer lieben, wenn sie/er diese Liebe erwidert.

„Eifersucht – ein Kind der Liebe“wurde von Annette Schmitt (34) betreut, sie ist als Stipendiatin der Deutschen Forschungsgemeinschaft in der o.g. Forschungsgruppe. 200 aufgeschriebene Geschichten von Eifersuchts-Betroffenen sind dafür sprachlich vereinheitlicht worden, ein „Drehbuch der Eifersucht“entwickelt. Fazit: Wer über Eifersucht reden möchte, muß etwas von „Leid“, „Schuld“und „Tat“erzählen können. Als Anläße fungieren Vernachlässigung, vermutete Untreue, Gewissheit über die Untreue.

Die zentrale Frage „Läßt sich Eifersucht aufgeben?“knüpft Annette Schmitt schließlich an den „Verlust der Ausschließlichkeit“und führt als Möglichkeiten an: sich von romantischer (unteilbarer) Liebe verabschieden, Liebe und Sexualität entkoppeln, und darüber reden, „welche Verhaltensweisen die Exklusivität bedrohen“. Dazu Carmen O. (32, Bremerin): „Ich bin nicht mehr eifersüchtig, weil jetzt größenwahnsinnig.“ sip