Abschiebepraxis für Fortgeschrittene

■ Bremer Firma soll „illegal“Pässe zum Abschieben beschaffen

Asylrechtsgruppen aus Bremen, Hamburg und Oldenburg haben gestern vor dem Bremer Unternehmen Pandi-Services demonstriert. Die Anti-Rassismus-Organisationen werfen der Gesellschaft vor, „auf illegale oder zumindest dubiose Weise“Paßersatzpapiere für Asylsuchende zu beschaffen, damit diese abgeschoben werden können. Dabei sei das Herkunftsland oft egal. Hauptsache überhaupt eins, da Flüchtlinge in ihre Heimat abgeschoben werden müssen. Pandi kassiere dafür Provisionen.

Pandi-Services bezeichnet sich selbst als Havarie-Kommissariat. Man werde im Auftrag von Reedereien bei Havarien tätig. Und bei blinden Passagieren. Dazu Geschäftsführer Wöhrn: „Wir sorgen nur dafür, daß die Leute wieder in ihre Heimat kommen. Alles legal.“

Dazu sind die Reedereien in Deutschland tatsächlich verpflichtet. Es sei denn, der Flüchtling stellt Asylantrag. Wie berichtet, hatte sich Bremens Ausländerbeauftragte Dagmar Lill erst im vergangenen Jahr mit Innensenator Ralf Borttscheller darüber gestritten, weil der mit Hilfe von Pandi die Identität Asylsuchender feststellen lassen wollte. Das Vorhaben verlief nach heftigen Protesten im Sande.

Den gleichen umstrittenen Service des Bremer Unternehmens macht sich jetzt offensichtlich Mecklenburg-Vorpommern zunutze. Der Fall aus Sicht des Flüchtlingsrats Hamburg: Im Januar 1995 erreicht der Liberianer Andrews Jackson auf einem russischen Frachter Rostock. Pandi-Männer wollen ihn dazu überreden nach Ghana zurückzufliegen. Er weigert sich, stellt einen Asylantrag. Da er im Bürgerkrieg von Liberia nach Ghana geflohen war, gibt er zunächst Ghana als Herkunftsland an und die Ausländerbehörde in Mecklenburg-Vorpommern lehnt sein Asylersuchen ab. Jackson wird mit Paßersatzpapieren abgeschoben, ohne – wie eigentlich per Gesetz vorgesehen – der ghanaischen Botschaft vorgeführt zu werden. Die nötigen Papiere wurden von Pandi besorgt. „Anruf genügt“, so der Flüchtlingsrat Hamburg.

Im Februar 1996 erreicht Jackson erneut als blinder Passagier Hamburg. Diesmal hat er eine liberianische Geburtsurkunde bei sich. Diese hält die liberianische Botschaft für gefälscht. Die ghanaische Vertretung erkennt ihn aber auch nicht als Landsmann an.

Dennoch soll Jackson jetzt wieder nach Ghana abgeschoben werden. Grund: neue Paßersatzpapiere. Wie man daran plötzlich gekommen ist, konnte das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern nicht so recht erklären. Allerdings liegt das „Ghana emergency travel certifikate“der taz vor. Darin wird Jackson als Issaka Abdulai aus Ghana ausgewiesen. Momentaner Wohnort in Deutschland: „Pandi-Services, Bremen.“ Jeti