Kleiner Protest in der Siemens-Familie

■ Bundesweite Aktionstag der IG Metall / Mäßiges Interesse der ArbeitnehmerInnen in Bremen

Ein bißchen verloren stehen sie da, die rund 80 Demonstranten vor dem imposanten Verwaltungsgebäude der Siemens AG gegenüber vom Haupsbahnhof. „Ich rufe alle Siemens-Beschäftigten zur Solidarität auf!“hallt es zwischen den Häuserschluchten. Fred Issel, Betriebsratsvorsitzender der Siemens Zweigniederlassung Bremen, fordert auch die Kollegen zum Protest auf, die in ihren Büros im Hochhaus sitzen, an dessen Fuß das demonstrierende Häuflein steht.

Bürgermeister Henning Scherf unterstützt die Aktion aus persönlicher Freundschaft zu Fred Issel. „Ich kann als Arbeitgebervertreter natürlich keinen Krieg mit Siemens anfangen, aber man darf sich nicht aus der sozialen, politischen und patriotischen Verantwortung für die Bürger unserer Stadt und des Bundeslandes ziehen“, meint Scherf und setzt hinzu: „Diese Bitte um Unterstützung richtet sich auch an Bonn.“

„Wir sind alle eine Familie“lautet der werbeträchtige Slogan der Siemens AG für ihre MitarbeiterInnen. Die fühlen sich aber mittlerweile offenbar verstoßen. Bundesweit sollen immer mehr Zweigniederlassungen des Konzerns durch Ausgliederung von Teilbereichen zerlegt oder ganz verkauft werden. Siemens köderte mit einem dreijährigen Bestandsschutz in Bremen schon 110 der ca. 1.000 Beschäftigten.

Die IG Metall wirft der Siemens AG eine „prinzipienlose Ausgliederung“vor. Sie fordert vom Konzern endlich konkrete Konzepte zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen sowie die Fortsetzung der Tarifbindung. Die Verantwortlichen schieben bewußt Gespräche mit ihrer Belegschaft immer wieder vor sich her, beschweren sich Kollegen. Der Verdacht: Der Konzern will durch die Ausgliederung letztlich nur Abfindungen sparen und ältere Kollegen „bequem entsorgen“.

Siemens-Sprecher Andreas Panten wendet dagegen ein, daß „die Kostenstrukturen bestimmter Produktionsbereiche im Verbund eines Großunternehmens nicht wettbewerbsfähig“seien. Die Ausgliederung sei der Versuch, Arbeitsplätze zu erhalten, wo Bereiche „innerhalb der Siemens-AG nur schwer erfolgreich zu führen sind“. Deswegen bemühe sich der Konzern um potente Käufer, in deren Betrieben die betreffenden MitarbeiterInnen eine neue Chance bekämen. „Ausgliederungen sind immer nur die zweitbeste Alternative“, versichert Karl-Heinz Kolbe, Mitglied der Betriebsleitung Bremen.

„Wie im Fall der GEACOM, einer Firma, bei der nicht mal jemand ans Telefon geht, wenn man dort anruft“, ärgert sich ein Betriebsangehöriger des Zweigs „Öffentliche Netze“, der sich einfach mal bei seinem zukünftigen Arbeitgeber informieren wollte. Die MitarbeiterInnen haben die Wahl: Lassen sie sich ausgliedern oder bleiben sie bei der Siemens AG, wo ihnen die Schließung ihres Teilbereiches droht.

Über neue Abbau- oder Ausgliederungspläne schweigt Siemens vorerst. Für den Standort Bremen gibt es eine Prognose gerade bis Ende dieses Jahres und die sieht eine gleichbleibende Zahl von ArbeitnehmerInnen vor, versichert Andreas Panten. Nur die Dentaltechnik sei für eine Umstrukturierung im Gespräch. Das nächste Jahr jedoch sei „noch nicht in der Planung“. Klar sei dabei aber, daß langfristig bei Siemens in Deutschland Personal abgebaut werde. kk