: "Fusion nicht überhasten"
■ Mit wem soll der ORB fusionieren? Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe flirtet in alle Richtungen, macht aber noch keine Heiratsanträge
Seit den Vorschlägen des MDR- Intendanten und ARD-Vorsitzenden Udo Reiter für einen Hauptstadtsender wird über die Zukunft der Hauptstadtregion diskutiert. Die Berliner Senatskanzlei präferiert offenbar das Modell von Udo Reiter, der den SFB vor die Alternative gestellt hatte, „gesundzuschrumpfen“ oder unter dem Dach eines Hauptstadtsenders lediglich lokale Programme zu machen. Die brandenburgische Regierung hat sich bislang zurückgehalten.
taz: Laut MDR-Intendant Reiter ist nun die Politik gefragt. Aus Brandenburg kommt da ja eher wenig?
Manfred Stolpe: Wir sind vermutlich die einzige Landesregierung, die der Rundfunkanstalt nicht reinquatscht. Daß ORB und SFB eine sinnvolle Kooperation begonnen haben und die auch fortsetzen, finde ich vernünftig. Von überhasteten Fusionen halte ich allerdings nichts. Erst zur Jahrtausendwende wird man sehen, wie sich die finanziellen Möglichkeiten entwickelt haben. Vorher will ich mich nicht an Fusionsdebatten beteiligen.
Können Sie sich denn für das Ziel einer Fusion erwärmen?
Für die Identität der Brandenburger ist eine eigene Rundfunkanstalt von Bedeutung. Man sollte aber abwarten, wie sich die Kooperation mit dem SFB entwickelt.
Was halten Sie denn von Reiters Hauptstadt-Modell?
Ich finde die Überlegung interessant, innerhalb der ARD etwas gemeinsam zu gestalten. Man muß aber den Staatsvertrag richtig würdigen und darf darüber nicht nur mit dem SFB sprechen. Wenn das Reiter-Modell noch Chancen haben soll, muß man auch über eine neue Anstalt Berlin/Brandenburg reden.
Haben Sie denn von Herrn Reiter erfahren, welchen Platz er Brandenburg einräumen will?
Wir sind beim ORB in der schönen Situation, daß es keinen Handlungsdruck gibt. Mit Herrn Reiter haben wir vor allem über den Medienstandort Babelsberg gesprochen. Da besteht beim MDR Kooperationsinteresse hinsichtlich der Programmproduktion. Ich glaube, der ORB muß sich keine Sorgen machen, wenn es eines Tages wirklich mal um Fusionen geht. Da gibt es ja auch im Norden eine große interessante Einrichtung.
Sie meinen den NDR. Aber wie sieht es denn mit der Einrichtung in der Mitte aus?
Der MDR ist für uns immer interessant, weil er sich mit seinem Programm auf ostdeutsche Befindlichkeiten eingestellt hat. Von der Leistungsfähigkeit ist aber auch der NDR ein toller Partner. Vorrang muß aber der SFB haben, denn der gehört in wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Hinsicht zur selben Region.
In anderthalb Jahren treffen sich die Ministerpräsidenten, um über die ARD-Strukturreform zu sprechen. Wissen Sie schon, was Sie den Kollegen erzählen werden?
Das sieht nach den gelungenen Kooperationsverhandlungen mit dem SFB günstiger aus als bisher. Ich gehe aber davon aus, daß der Druck, was Einsparungen anbelangt, allgemein wachsen wird.
Die Telekom will ihr Kabelnetz kommerziell vermarkten, private Firmen wollen mit Rundfunk Geld verdienen. Welche Chancen hat in solchen Zeiten der öffentlich-rechtliche Rundfunk?
Die ARD ist unvrzichtbar – schon wegen der objektiven Information und der kulturellen Vielfalt. Wenn man den öffentlich- rechtlichen Rundfunk will, darf es aber keine Tabus bei den Einsparungen geben.
Interview: Lutz Meier
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