Kampf um Stimmen und Finanzen

Kandidieren kann jeder. So kam es zu der nie dagewesene Flut von rund 6.400 Anwärtern auf die 577 Sitze im Parlament. In den vergangenen vier Wochen kämpften sie nicht nur um die Gunst der citoyens, sondern auch um die Parteifinanzierung aus der Staatskasse. Letzteres lohnt sich: Wer es schafft, landesweit mindestens 50 Kandidaten aufzustellen, bekommt während der gesamten Legislaturperiode elf Francs pro Wählerstimme und Jahr, selbst wenn die Partei bei nur 0,1 Prozent geblieben ist und nirgends mit politischen Aktivitäten auffällt.

Von den bis zu 30 Kandidaten pro Wahlkreis werden die meisten im morgigen ersten Durchgang auf der Strecke bleiben. Unter ihnen finden sich obskure Organisationen wie die „Papa- Partei“ und die der „reinen Natur“. Nur wer mehr als 12,5 Prozent hat, darf eine Woche später wieder antreten. Das reine Mehrheitswahlrecht sowie die Einteilung der Wahlkreise nach politischen, traditionell die Konservativen begünstigenden Kriterien wollen es, daß die Prozentzahl am Ende der Wahlen keineswegs die Sitzverteilung in der Nationalversammlung wiederspiegelt. Aus diesem Grund war noch nie ein gewählter Grüner im französischen Parlament. Möglicherweise wird das Mehrheitswahlrecht auch verhindern, daß jetzt ein Rechtsextremer einzieht.

Im Prinzip bleibt das neugewählte Parlament bis in Jahr 2002 im Amt. Laut Verfassung kann der Präsident es frühestens nach einem Jahr wieder auflösen. Wenn Jacques Chirac also nicht mit den Neuen kann, darf er im nächsten Jahr erneut zur Urne bitten. dora