Streik, Demo und „aktive Mittagspause“

Der gestrige Tag stand ganz im Zeichen der Proteste von Kitas und dem öffentlichen Dienst. Rund 1.000 Kitas wurden bestreikt. Diepgen hat kein Verständnis für Vorgehen der Gewerkschaften  ■ Von Julia Naumann

Vor den städtischen Kitas der Stadt standen die Zeichen gestern auf Streik. Die städtischen Kindertagesstätten sowie etliche Schulhorte waren gestern für einige Stunden oder ganztägig geschlossen. Der Protest richtete sich gegen die Verzögerungen bei den Tarifverhandlungen (siehe Kasten). An den Protesten haben sich laut GEW die Mehrzahl der rund 1.000 Kitas beteiligt. Allein in Schöneberg streikten 26 von 29 Kitas, in Spandau 31 von 44. Auch in den Horten der Schulen hatte die GEW die ErzieherInnen zum Warnstreik aufgerufen. In Mitte beteiligten sich alle 12 Schulen, in Prenzlauer Berg 16 von 20.

Der regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) verurteilte die Vorgehen der Gewerkschaften. Er habe für die Streiks keinerlei Verständnis. Auch Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) kritisierte das Verhalten der Gewerkschaften, insbesondere der GEW. Die Erfüllung der gewerkschaftlichen Forderungen würde zu einem Personalmehrbedarf führen, der den Haushalt des Landes mit jährlich zusätzlich zirka 90 Millionen Mark belasten würde. Laut Gewerkschaft würden die Forderungen dagegen keine Mehrkosten verursachen, da es bei zurückgehenden Kinderzahlen im Ostteil der Stadt und gleichzeitiger Beschäftigungsgarantie ohnehin einen Betreuerüberhang gebe. An einer „aktiven Mittagspause“ vor dem Roten Rathaus beteiligten sich gestern mittag unterdessen rund 200 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes.

Auf der Kundgebung von ÖTV, DAG und GEW forderten Gewerkschaftsvertreter die unverzügliche Aufnahme von Verhandlungen mit dem Senat, um betriebsbedingte Kündigungen in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes abzuwenden. Eine entsprechende Vereinbarung war Ende vergangener Woche für die rund 160.000 Beschäftigten im unmittelbaren Landesdienst – Behörden, Schulen und Kitas – erzielt worden. Für die 40.000 Beschäftigten in den nachgeordneten Bereichen – Krankenhäuser, Universitäten, Kultureinrichtungen – muß jedoch weiter verhandelt werden.

Zahlreiche Beschäftigte aus Behörden, Krankenhäusern und Universitäten beteiligten sich gestern nachmittag außerdem an einem Sternmarsch zum Fehrbelliner Platz. Vor dem Sitz von Innensenator Jörg Schöhnbohm (CDU) forderte der GEW-Vorsitzende Erhard Laube auf der zentralen Kundgebung, daß Kündigungsschutz nicht nur an Hochschulen, sondern auch dem Pestalozzi-Fröbel-Haus oder dem Lette-Verein gewährt werden müsse: „Es darf nicht dazu kommen, daß es Beschäftigte zweiter und dritter Klasse gibt.“ Vor allem im Hochschulbereich sei die Situation dramatisch, weil die Universitäten seit 1993 bis zum Jahre 2003 insgesamt eine Milliarde Mark erbringen müßten. Der Senat will bis zum Jahr 2000 rund 22.000 Verwaltungskräfte abbauen. Die Universitäten müssen bis zum Jahr 2003 insgesamt 2.400 Stellen abbauen.