Mit Buntstiften zur Grenze

■ Die Lyrikerin Frederike Frei feiert vier Tage lang ein „Festival zum Tod“

Für Frederike Frei ist es wichtig, daß die Dinge leicht und in der Schwebe bleiben. Auf dem schmalen Grad zwischen erdschwerer Realität und dem luftigen Freiraum der Kunst. Von dort aus will sie ihn auch verstehen: den Tod, die endgültigste aller Notwendigkeiten. Die 52jährige möchte den Tod, „mit bunten Buchstaben schreiben“.

So wird die einstige „Bauchladendichterin“in den kommenden vier Tagen in der Christians-kirche, fern vom novemberlichen Totensonntag, ihr „Festival zum Tod“veranstalten – eigensinnig und beseelt von der Vorstellung einer lebendigen Auseinandersetzung.

Es ist der Lyrikerin Frederike Frei anzumerken, wie schwer sie sich tut mit dem traurigen, dem sinnlosen Tod, dem Verlust und dem Schmerz. Zu ihrem vierzigsten Geburtstag hat sie den Satz „Ich will nicht sterben“in ein schwarzes Schulheft geschrieben. Ein Satz, aus dem sich mittlerweile nicht nur ein Buch entwickelt hat (Unsterblich, erscheint voraussichtlich im September), sondern aus dem sich letztlich auch die Festivals- Idee herleitet. Für einen Moment fast ungeduldig kommt sie darauf zu sprechen, auf ihre Lust am Leben und darauf, daß sie den Tod als eine „haarnadelfeine Grenze“, als eine Haltung mitten im Leben verstehe. Eine Haltung und ein Tabuthema immer noch, zu dem das Festival viele unterschiedliche Vorstellungen, Bilder und Stimmen zusammenruft.

Lesungen und Literaturkonzerte (Frederike Freis eigener Unendlicher Monolog zum Tod), Filme, Gespräche und wissenschaftliche Vorträge – die Tage vom 29. Mai bis zum 1. Juni sind prall gefüllt mit allen möglichen Formen der Auseinandersetzung. Der Hamburger Verleger Peter Dölling wird über kulinarische Totenkulte sprechen – „Wie man seine lieben Verblichenen verköstigt“. Es wird einen Vortrag von Thomas Sello zum „Bild des Todes bei Jannis Kounellis und Christian Boltanski“geben. Am Grabe Klopstocks trägt der Schauspieler Peter Franke „Des Dichters Texte zum Tod“vor. Doris Runge, die Hölderlin-Preisträgerin 1997, liest unter dem Titel „Ich habe viele Leben, ich habe viele Tode“ausgewählte Lyrik, und die Sängerin Donata Höffer wird gemeinsam mit Franke Texte und Lieder interpretieren: „Der Tod ist kein trauriger Gesell“.

Es sei ihr Wunsch, sagt Frederike Frei, daß die Kunst immer ein bißchen drüberschaue – über den Ernst des Endes. Ganz so wie es die Kinderzeichnung auf dem Plakat des Festivals verspricht. Dort hat ein kleiner Junge seinen toten Vater in ein leuchtendes Gelb hineingemalt, hat ihm alles Gute und „Vil Glug“hinterhergewünscht. Elisabeth Wagner

Weitere Informationen unter 040/38925222 oder 3902726