Mehr schuften, weniger pauken

■ Hamburgs Handwerkskammer sucht nach Gründen für Lehrstellenschwund und findet altbekannte Antworten

Frust im stillen Handwerkskämmerlein. Immer weniger Maler, Fliesenleger und Co. bilden in Hamburg Lehrlinge aus. Taten dies 1984 noch fast 42 Prozent der Betriebe, sind es jetzt mit 23 Prozent nur noch gut die Hälfte. Grund genug für die Hamburger Handwerkskammer, eine Umfrage zu starten. „Was hindert am Ausbilden?“, wollte sie im April von 13.500 Firmen wissen. 2000 von ihnen antworteten. Gestern präsentierte Hauptgeschäftsführer Jürgen Hogeforster die Ergebnisse.

Die bestanden größtenteils aus Vorwürfen, wie sie seit Jahren aus allen Kammern quellen. Berufsschulen verursachten die betriebliche Lehrlings-Unlust, außerdem seien die Löhne teilweise zu hoch. Im Baugewerbe beispielsweise verdienen Azubis 1900 Mark im dritten Lehrjahr. (Andere HandwerkerInnen in spé, wie Friseur-Lehrlinge, müssen allerdings mit 250 Mark Anfangsgehalt auskommen.) Die Schulen unterrichten zu lange und dann auch noch die falschen Fächer, schalt Hogeforster. Geht es nach dem obersten Kammerdiener, sollen Azubis nur lernen, was sie für ihren Job brauchen. Denn „Allgemeinbildung gehört in die normalen Schulen“.

45 Prozent der Betriebe gaben an, sie würden Jugendliche ausbilden, wenn der Unterricht kürzer und nicht in Wochenblocks stattfände. „Das könnte schon zum 1. August der Fall sein“, spekulierte Hogeforster. In den kommenden Wochen will er mit der Schulbehörde über Tages- statt Blockunterricht verhandeln. Wenn das Amt zustimmt, würden allein bei den Tischlern „50 Firmen sofort einsteigen“, erklärte Kammer-Mitarbeiterin Anja Bornemann. „Gute Haupt- und Realschüler“dürfen sich laut Hogeforster also schon bereithalten. Denn diese Abschlüsse sind beim Handwerk gern gesehen. Knapp 8400 Jugendliche haben dort 1996 eine Lehre begonnen – beispielsweise als HolzblasinstrumentenmacherInnen, KonditorInnen oder AugenoptikerInnen. Das sind 20 Prozent aller SchulabgängerInnen. „Ohne Veränderungen können wir diese Zahl nicht steigern“, meint der Kammerchef.

Ob sie sich überhaupt steigern ließe, ist fraglich. Denn Möchtegern-Azubis rennen nicht gerade die Kammertüren ein. Zwar gibt es BewerberInnen, „aber nicht die richtigen“, sagt Hogeforster. Er träumt deshalb von besseren Ausbildungen für klügere Jugendliche und weniger Berufsschule „für die Schwächeren“. Judith Weber