Aufstand des Gewissens
: Gute Wehrmacht (2)

■ Karrierist in der Militär-Opposition

„Sie waren keine Komplizen der Mörder“, erklärte Carlo Schmidt 1958, „sie waren Soldaten, die einen guten Kampf gekämpft haben“– die Opposition gegen Hitler in der Wehrmacht, Claus Schenk Graf von Stauffenberg an ihrer Spitze.

1940 hatte Stauffenberg den Gedanken an Opposition gegen Hitler noch abgelehnt, als sein Onkel Graf von Uxküll und Graf von der Schulenburg ihm von den Verbrechen der Wehrmacht an der polnischen Bevölkerung berichtet hatten.

Im März 1941 verkündet Hitler vor 250 Offizieren den bevorstehenden „Vernichtungskrieg“gegen den russischen Bolschewismus. Im Mai des Jahres 1941 wird Stauffenberg zum Major im Generalstab befördert.

Am 22.6. überfällt die Wehrmacht die Sowjetunion. Ende des Jahres 1941 wird Stauffenberg von seinem Vetter, Baron von Stauffenberg, gefragt, ob man nicht gegen diesen Hitler ein Attentat unternehmen müsse. Claus von Stauffenberg antwortet: „Zuerst müssen wir den Krieg gewinnen. Während des Krieges darf man sowas nicht machen. Vor allem nicht während des Krieges gegen den Bolschewismus.“

Während des Vernichtungskrieges im Osten kommt die „Oppositions“-Diskussion in der konservativen Wehrmachtsspitze ganz zum Erliegen. Stauffenberg mitten im Rußland-Feldzug, 1942: „Man muß alles auf eine Karte setzen, um ein entscheidendes Ziel zu erreichen. Und die Eroberung Moskaus ist ein solches Ziel.“

1943, General Paulus ist geschlagen, Stauffenberg mußte sich zurückziehen. Stauffenberg an die Kriegerwitwe Ruth von Blomberg: „Als Soldat weiß ich, daß der, der an der Spitze seiner Mannschaft im Element seines Soldatentums im Kampf den Tod fand, am wenigsten zu beklagen ist, erfüllte er doch sein Leben in einem Höhepunkt des Lebens.“

1943. Die Rote Armee rückt vor, die deutschen Militärs wissen, daß der Krieg verloren ist. Sie beraten, wie sie nach einem erfolgreichen Sturz Hitlers vorgehen sollen. Stauffenberg ist dagegen, mit der Roten Armee zu verhandeln. Stattdessen will er in Verhandlungen mit den West-Alliierten erreichen, daß bei einem Waffenstillstand die besetzten Gebiete im Osten nicht geräumt werden müssen und die Reichsgrenze von 1914 (Memel) garantiert wird.

Erst nach der Kapitulation der Heeresgruppe Mitte (1944) ändert Stauffenberg seine Position. Diverse Pläne der Militär-Opposition, Hitler zu beseitigen, scheitern – unter anderem auch daran, daß sich niemand zum entscheidenden Attentat bereiterklärt. Schließlich muß Stauffenberg selbst die Aktentasche mit der Bombe tragen, obwohl er die rechte Hand, ein Auge und zwei Finger der linken Hand verloren hat. „Alle aus dem Verschwörerkreis haben es Stauffenberg allein überlassen, Hitler zu beseitigen. Da Stauffenberg nur drei Finger zur Verfügung hat, schafft er es nicht, auch das zweite Sprengstoffpaket zu zünden“, schreibt dazu der Journalist Paul Kohl. Gleichzeitig soll Stauffenberg als politischer Kopf der Opposition sofort nach dem Attentat nach Berlin kommen, um von dort den Umsturz zuleiten. Dies sind die Umstände, unter denen der Attentat-Versuch am 20. Juli scheitert.

zusammengestellt nach: Paul Kohl, Stauffenberg, Karriere eines Militaristen (NDR, 1994)

P.S.: „Wir können diejenigen, die tafer, aufopferungsvoll und persönlich ehrenhaft gekämpft haben, aus heutiger Sicht nicht pauschal verurteilen“, zitiert die Bremer CDU Volker Rühe, den Verteidigungsminister. Was sagt das über die militärische Opposition gegen Hitler, die keine Kraft zum „Aufstand des Gewissens“gefunden hat? Hat Stauffenberg „persönlich ehrenhaft“gekämpft? K.W.