■ Vorschlag
: Diesen Film müssen Sie sich erwandern: "La fille seule" von Benoit Jacquot im fsk-Kino

Valerie (Virginie Ledoyen) ist eins von diesen Mädchen, die man auf den ersten Blick für leicht hochnäsig hält. Zu Unrecht, wie im mählichen Fortgang der Geschichte suggeriert wird: Valerie nimmt einfach nur auf strikter Route das Leben, als gäbe es Kilometergeld dafür. Das ist nämlich das formale Programm von „La fille seule“, dessen Hauptstück in Realzeit gedreht ist. Mit kleinen Zugeständnissen an die Schnittechnik zwar, aber sonst immer der Nase nach. Rauf und runter geht es durch nicht enden wollende Hotelflure, mal mit Frühstückstablett, mal mit hartgekochten Eiern. Diesen Film muß man sich erwandern. Und man muß es mögen, dieser Mademoiselle mit dem blankgeputzten Gesichtchen und dem leicht bockigen Pferdchentrab bei ihrem Tagewerk akribisch zu folgen. Ihren schnippischen Antworten lauschen, zusammenschrecken, wenn wieder eine Tür herrisch ins Schloß gedonnert wird, und so fort.

Virginie Ledoyen und Benoît Magimel Foto: Verleih

Es geht um diesen einen Tag, genauer gesagt um eine Stunde, die erste Stunde im neuen Job und gleichzeitig eine Zeitspanne Bedenkzeit. Denn so allein, wie es der Titel sagt, ist die junge Dame gar nicht. Benoît Magimel („Haß“) als ihr skrupulöser Boyfriend Rémi wartet gleich um die Ecke in der Bar Tabac. Man streitet ein bißchen, verträgt sich wieder. Mademoiselle ist schwanger, er betreten, und der Rest qualvoll vorhersehbar. Warum diese kurze, eigentlich in sich stimmige Szene als Kitt für die restliche Inszenierung herhalten muß, bleibt fraglich.

Regisseur Benoît Jacquot, der sich von Jean Rouchs „Paris vu par“ inspirieren ließ, einer ebenfalls in Echtzeit gedrehten Geschichte, hatte ursprünglich einen Kurzfilm geplant, der nun auf neunzig Minuten gedehnt wurde. Bei allem Charme, den Ledoyen als abenteuerndes Trotzköpfchen aufbietet, bleibt doch eher der Eindruck einer Tour de Force haften. Zu sehr klaffen experimenteller Anspruch (Orginalzeit) und schlichte Story auseinander. Gudrun Holz

Termine siehe cinemataz, fsk-Kino, Segitzdamm 2, Kreuzberg