Love Parade ohne Gegenliebe

■ BUND, Anwohner und Verleger wollen verhindern, daß das Techno-Spektakel durch den Tiergarten führt. Klage, wenn Behörden und Veranstalter nicht einlenken

„Ich kann nur an Veranstalter und Behörden appellieren, eine alternative Route zu wählen.“ Mit diesen Worten faßte der Chef des Berlin Verlags, Arnulf Conradi (52), das Anliegen der selbsternannten Tiergartenschützer zusammen. Conradi, einige Anwohner und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Berlin wollen notfalls mit einer Klage verhindern, daß das größte Techno-Spektakel der Welt am 12. Juli durch den Tiergarten führt, der bereits durch die Love Parade im vergangenen Jahr erheblichen Schaden genommen hatte.

Nachdem eine Einigung mit den Organisatoren der Love Parade, für die in diesem Jahr eine Million Teilnehmer erwartet werden, nicht zustande gekommen war, haben die Schützer des Gartendenkmals nun einen Antrag beim Bezirksamt und dem Polizeipräsidenten eingereicht. Nach ihrer Auffassung handelt es sich bei der Love Parade um eine kommerzielle Veranstaltung, die wie jeder Karneval oder jedes Straßenfest genehmigungspflichtig sei. Falls die Behörden und die Veranstalter nicht bis zum 9. Juni einlenken, wollen der BUND und eine einjährige Anwohnerin für das Bündnis vor Gericht ziehen. Sollte dort entschieden werden, daß die Love Parade keine Demonstration sei und die Rechte der Kläger verletzt werden würden, müßten die Behörden den Gang durch den Tiergarten untersagen, so der Anwalt Peter Rauhe. Außerdem werden die Behörden dann die Müllbeseitigung durch die Veranstalter fordern müssen. Es sei denn, Berlin übernehme wie die Stadt Köln die Kosten für den Karneval.

Untersuchungen der Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz, des BUND und des Grünflächenamtes Tiergarten haben ergeben, das der verursachte Schaden im vergangenen Jahr etwa 230.000 Mark betragen hatte, ganz abgesehen von den irreparablen Schäden wie den Zerstörungen von über 40 Jahre alten Pflanzen und der Vertreibung von Tieren. Es werde Jahre bis Jahrzehnte dauern, bis sich der Tiergarten allein von den Schäden des vergangenen Jahres erholt habe.

Allerdings erklärte das Bündnis der Tiergartenschützer einhellig, daß es ihnen nicht um die Verhinderung der Love Parade gehe. Conradi beteuerte, daß er nichts gegen die Veranstaltung habe, er fände sie „sogar ganz witzig“. In diesem Sinne hatte man versucht, sich im Vorfeld mit den Veranstaltern der Techno-Parade zu einigen und eine andere Routenführung zu erwirken. Aber weder Dr. Motte, der seit der letzten Love Parade Mitglied im BUND ist, noch die anderen Veranstalter und der Pressesprecher seien für den BUND zu sprechen gewesen, so dessen Sprecher Albert Wotke.

Conradi geht sogar noch weiter: er fürchtet, daß „die Love-Parade platzt“, wenn gerichtlich geklärt werde, daß es sich nicht um eine politische Demonstration handele, womit die Tiergartenschützer fest rechnen. Dann würden nämlich an jeder Route die Anwohner klagen und sich querstellen. In diesem Zusammenhang bittet der Verleger die Organisatoren noch einmal, die Parade zu verlegen, bevor der Fall vor Gericht komme. Doch die Veranstalter beharren nach wie vor darauf, daß das Techno-Event eine politische Demonstration sei, und gehen davon aus, daß es wie geplant stattfinden könne. Tobias Singelnstein