Denunziation ist machbar, Herr Nachbar

■ Der Saubermann-Verein „Nofitti“ startet Wettbewerb für den „Dreckspatz 1997“. Opposition kritisiert Vorhaben

Mit einem Wettbewerb für den Titel „Berliner Dreckspatz 1997“ erntet der Verein Nofitti heftige Proteste von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Mit dem jetzt ausgeschriebenen Wettbewerb will die „Bürgerinitiative zur Rettung des Stadtbildes“ eine Person küren, „die sich besonders als Stadt- Beschmutzer oder durch Reden und Handeln als Lobbyist von Wandschmierereien und Vandalismus hervortut“. Der Dreckspatz- Titel soll auch ein Ausdruck der „gesellschaftlichen Ächtung für ein derartiges wertezerstörendes Verhalten sein“, erklärte der Nofitti-Vorsitzende Karl Hennig. Vorschläge können bis zum 10. Juni eingereicht werden.

Man wolle mit dem Wettbewerb die Aktion „Sauberes Berlin“ forcieren, betont der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Dieter Hapel, der sich seit Jahren als Saubermann profiliert und stellvertretender Nofitti-Vorsitzender ist. Als Titelaspiranten kämen nicht nur Einzelpersonen, sondern auch öffentliche Institutionen und private Unternehmen in Frage. Man wolle damit ein Zeichen gegen Vandalismus und Verwahrlosung setzen. Vorstellbar seien als Preisträger deswegen auch Hauseigentümer, die auf ihrem Grundstück wilde Müllkippen wachsen ließen, aber auch Ämter, die beispielsweise trotz zahlreicher Hinweise nicht dafür sorgten, daß Autowracks entsorgt würden, erklärte Hapel.

Wieviel Vorschläge bereits eingegangen seien, konnte Hapel nicht sagen. Juristische Probleme mit „Spaßverderbern“ erwartet der Abgeordnete nicht: „Wer im öffentlichen Leben steht, muß sich so etwas gefallen lassen.“ Im übrigen müsse man an die Aktion „unverkrampft und unvoreingenommen herangehen“. Der Verein werde im übrigen „abwegige“ Vorschläge aussortieren, wenn beispielsweise Ausländer oder Asylbewerber genannt würden.

Die SPD sei zwar auch für Sauberkeit in der Stadt, doch sei der Wettbewerb „völlig untauglich“, dieses Anliegen voranzubringen, kritisiert Fraktionssprecher Peter Stadtmüller. Es sei eine „mittelalterliche Methode“, Menschen auf diese Weise „an den Pranger zu stellen“. Den Sozialdemokraten mißfalle insbesondere der „denunziatorische Charakter“ des Wettbewerbs.

Auch Bündnis 90/Die Grünen lehnen den Wettbewerb ab. Die Fraktionsvorsitzende Sibyll Klotz befürchtet, damit werde das ohnehin belastete politische Klima der Stadt noch weiter verschmutzt. Die bündnisgrüne Fraktionschefin trage allenfalls eine Umbenennung des Wettbewerbs mit — in „größte Dreckschleuder 1997“. Ein heißer Titelaspirant wäre der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus Landowsky. Gerd Nowakowski