In Deutschland wird Innovation weggespart

■ Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung kritisiert die zu niedrigen Bildungsausgaben. Die Weichen für die Zukunft würden damit falsch gestellt

Berlin (taz) – Bildungs- und Forschungsausgaben werden in den Haushalten von Bund und Ländern immer noch als Konsum und nicht als Investitionen in die Zukunft behandelt. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) beklagt in seinem jüngsten Wochenbericht, daß die staatliche wie auch die Firmenforschung in ihrer Bedeutung für den Standort Deutschland unterschätzt werden. Schlimmer noch, solche Investitionen in die Zukunft fielen als konsumptive Ausgaben heute besonders schnell den Rotstiften zum Opfer. Das sei die „falsche Weichenstellung“, weil die Konkurrenzfähigkeit einer Volkswirtschaft in Zukunft noch stärker von der Verfügbarkeit von Information und Humankapital abhänge.

Der Rückgang der gemessenen Forschungs- und Entwicklungsausgaben (FuE) in der privaten Industrie gilt dem DIW nicht einmal als der beunruhigendste Indikator. Zwar hätten viele Industriekonzerne bei ihrer Verschlankung auch die FuE-Abteilungen verkleinert und damit auf Kreativität verzichtet. Mit dem Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft gingen aber die klassischen FuE-Ausgaben ohnehin zurück. Die Vermittlung von Organisationswissen werde von den Statistiken erst gar nicht erfaßt.

Weil die Bundesrepublik aber vor allem in der Berufsbildung nach wie vor führend sei, hätten sich größere wirtschaftliche Verwerfungen noch nicht eingestellt. Sorgen machen den Berliner Ökonomen eher die Märkte der Zukunft. Die innovativen Produkte der US-Wirtschaft zum Beispiel flössen „zu weitaus höheren Anteilen in die Dienstleistungssektoren der Empfangsländer“. Dienstleistung sei Zukunft, die Ausrichtung stelle „einen entscheidenden Vorteil für die US-amerikanische Volkswirtschaft“ dar.

Für diesen Vorteil haben die USA in den vergangenen Jahren viel Geld ausgegeben. Staat und Private stellten 1993 6,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Bildung und Ausbildung zur Verfügung gegenüber 5,9 Prozent in Deutschland. Und die Ausgaben pro Jahr und Student lagen in den USA mit 14.600 Dollar etwa doppelt so hoch wie in der Bundesrepublik (7.900 Dollar). 32 Prozent der Amerikaner über 25 haben einen College- oder Uniabschluß.

Fazit des DIW: „In Deutschland werden die Bildungsausgaben – insbesondere im Hochschulbereich – seit Beginn der achtziger Jahre nicht ausreichend erhöht, um dem größeren Ausbildungsbedarf Rechnung zu tragen.“ Von den Sparplänen für die deutschen Hochschulen hat das DIW dabei noch gar nicht gesprochen. Hermann-Josef Tenhagen