Ablaßhandel und frühzeitige Absolution

■ HSV morgen zum Saisonabschluß in Düsseldorf: Sind die Fans schon wieder versöhnt?

Bereits vor seinem offiziellen Amtsantritt hat Frank Pagelsdorf seine Absolution erteilt. Eine morgen beim Sieg in Düsseldorf theoretisch noch mögliche Qualifikation für den UI-Cup wäre dem neuen HSV-Trainer gar nicht recht. Der 39jährige sieht eine gezielte Vorbereitung auf die kommende Saison davon nur gestört.

Die Verletzten – Karsten Bäron, Stefan Schnoor, Jakob Friis-Hansen, Pawel Wojtala, Bernd Hollerbach, Stephane Henchoz und Harald Spörl – können sich also in Ruhe der Ausheilung ihrer Verletzungen widmen, ohne sich ketzerische Fragen darüber anhören zu müssen, ob die Schwere ihrer Verletzung denn irgend etwas mit Sympathie oder Antipathie gegenüber dem Trainer zu tun habe.

Insbesondere der zuletzt arg gescholtene Harald Spörl wird froh sein über das vorläufige Waffenstillstandsangebot des neuen sportlichen Leiters. Gibt es Lumpi doch Gelegenheit, darüber nachzudenken, ob Pagelsdorf sich mit dem umfangreichen Kader, den er aufbauen möchte, zukünftig auch gegen Verletzungen jeglicher Art und ihre Folgen absichern will. Diesem Kader werden auch die noch von Vorgänger Felix Magath verpflichteten Andreas Zeyer (Freiburg), Stefan Böger (Gütersloh) und Jörg Butt (Oldenburg) angehören.

Manager Bernd Wehmeyer, ganz vorauseilender Diener seines neuen sportlichen Herren, hatte bereits Überlegungen angestellt, Verträge aufzulösen, falls sie dem neuen Coach nicht ins Konzept passen würden. Doch auch der sieht diesen Teil der mindestens acht Millionen Mark erträglich angelegt, die laut Aufsichtsrat-Vorsitzenden Udo Bandow für Neuverpflichtungen zur Verfügung stehen.

Die Ergänzungs-Nachwuchsspieler entsprechen auch der Preisklasse, in der Pagelsdorf sich bei seinen bisherigen Vereinen Union Berlin und Hansa Rostock bei Einkäufen bewegen mußte. Daß diese Preisklasse nicht ausreichen wird, die Hoffnungen auf eine Reformation des HSV zu erfüllen, dürfte auch Pagelsdorf klar sein.

In den Sternen steht dagegen noch, ob die 2000 kostenlos nach Düsseldorf mitreisenden HSV-Fans zur schnellen Vergebung der sportlichen Sünden bereit sind. Werden sie den von den Spielern angebotenen Ablaßhandel in Form eines gesponsorten Sonderzugs annehmen? Unterstützung aus der Kurve im Tausch für ein Bahnticket?

Zwanzigtausend Mark lassen es sich Golz & Co. kosten, die zürnenden und – noch schlimmer – im letzten Heimspiel gegen Dortmund schweigenden Fans zu besänftigen. Die Mannschaftskasse ist leer. Die Hosen der Spieler nicht.

Uwe Wetzner