Nike tritt sich hoch

Neue Rekorde beim US-Schuhkonzern. Die Gewinnmargen werden durch Billigarbeit verbessert  ■ Von Joachim Quandt

Der gelernte Schuhmacher Bill Bowermann hatte nicht nur innovative Ideen für Sportschuhe, als er im Jahr 1971 seine Firma gründete. In seiner Schreibtischschublade lag seine Diplomarbeit in Wirtschaft. Der Titel: „Wie man die Vorherrschaft der führenden Sportschuhmarken durchbrechen könnte“. Dank einer gigantischen Werbekampagne zählt Nike heute, gut 25 Jahre nach seiner Gründung, selbst zu den „führenden Sportschuhmarken“. Gestern gab die Firma aus Beaverton, Oregon, mit vorläufigen Zahlen eine Steigerung von Profit und Umsatz um etwa 40 Prozent gegenüber dem Geschäftsjahr 1995/96 bekannt. Damals lag der Gewinn bei 553 Millionen Dollar, der Umsatz bei knapp 6,5 Milliarden.

Das Fußballteam von Borussia Dortmund, das gestern abend die Fußball-Champions-League gewann, bildet in Deutschland das Herzstück der Nike-Kampagne. Die besteht darin, gegen Millionen-Verträge die großen Idole jener Sportarten, die der Fernsehzuschauer liebt, einzukleiden. Finanzielle Kapazitäten für extensive Werbung verschafft sich Nike durch die Produktion zu Dumping- Löhnen in Fernost. Eine Näherin in dem Werk des Nike-Vertragspartners Sam Yang in Ho-Tschi- Minh-Stadt, dem ehemaligen Saigon, verdient im Schnitt einen Grundlohn von 42 US-Dollar im Monat. Weniger als der gesetzliche Mindestlohn. Dem Golfstar Tiger Woods wird im selben Zeitraum für seine Werbebemühungen eine Million Dollar überwiesen.

Die US-NGO Vietnam-Labor- Watch stellte bei Besuchen in Vietnam und in Interviews mit 35 MitarbeiterInnen zahlreiche Unregelmäßigkeiten fest. In den wenigsten Fällen wurden die Zahlungen für Sonn- und Feiertagsarbeit geleistet, und viele der sehr jungen Näherinnen hatten allein in den ersten zwei Monaten dieses Jahres mehr als 200 Überstunden – gesetzliches Jahreslimit in Vietnam – gearbeitet. In den Interviews klagten viele über Übermüdung und Entkräftung. Ihre Arbeitstage dauern häufig länger als elf Stunden, und der Lohn reicht nicht, um davon drei Mahlzeiten am Tag zu bezahlen.

Die Kampagne gegen Nike hat in den letzten Wochen zu ersten Erfolgen geführt. Die vietnamesischen Gewerkschaften haben in den Werken mit ausländischem Kapital die Initiative übernehmen können – wie zum Beispiel mit einem mehrwöchigen Streik der 1.300 Arbeiterinnen beim Nike- Partner Sam Yang Vina für eine zehnprozentige Lohnerhöhung.