Dümmer als der Fahrlehrerverband erlaubt

Hamburgs Fahrlehrer entlarven Verkehrserzieher als Feind unserer Kinder  ■ Von Florian Marten

Hamburgs Fahrschüler werden immer dümmer. 99 Prozent aller Fahrschulanwärter sind nicht in der Lage, einen „einfachen Verkehrsfragebogen fehlerfrei zu beantworten“, stellte jetzt der Hamburger Fahrlehrerverband fest. Grund sei die äußerst mangelhafte „schulische Verkehrserziehung“. Die Fahrlehrer schlußfolgern: „Damit war eine unfallfreie Verkehrsteilnahme als Fußgänger oder Radfahrer bisher nur mit Glück möglich.“

Die Hauptschuld trägt nach Auffassung der Fahrerzieher Gunter Bleyer, Referatsleiter für Verkehrserziehung im Amt für Schule. Bleyer gilt dem Verband als „pflichtwidriger“Träumer, der „Kinder vor den Karren einseitiger Betrachtungsweisen spannt“und dabei „billigend in Kauf nimmt, daß er damit Leben und Gesundheit derer gefährdet, die ihm anvertraut sind.“

Die jüngste Attacke im Magazin des Verbandes bildet den Gipfel einer Anti-Bleyer-Kampagne, die unterstützt wird von Unternehmerverbänden und dem Kraftfahrzeuggewerbe. Hintergrund ist ein grundsätzlicher Richtungsstreit um die moderne Verkehrserziehung: „Kinder von heute“, so weiß die Autolehrerlobby, „sind motorisierte Verkehrsteilnehmer von morgen.“Verkehrserziehung müsse vor allem Verkehrsregeln vermitteln und aufs Autofahrerleben vorbereiten.

Verkehrserzieher Bleyer kontert: „Wir müssen die Verkehrsumwelt für die Kinder sicher machen, nicht die Kinder für die Verkehrsumwelt. Die Ursachen für Verkehrsunfälle bei Kindern liegen vor allem in der mangelnden baulichen Sicherheit und im Verhalten erwachsener Verkehrsteilnehmer.“

Deshalb solle „Verkehrspädagogik auf die Verkehrssituation Einfluß nehmen“, wobei schon mal „am Fetisch Auto gerüttelt werden darf“. Also fragen die Kinder im Projektunterricht ihre Lehrer, warum sie mit dem Auto kommen, veranstalten ÖPNV-Rallys in der U-Bahn und Verkehrsberuhigungsdemos.

Derartige Attacken gegen die „Autogesellschaft“sind den Autoverbänden seit jeher ein Dorn im Auge. Zum Eklat aber kam es, als Bleyer ein vom Umweltbundesamt empfohlenes Vorschulbuch „Familie Maus fährt Auto“auch an Hamburger Grundschulen weiterreichte. Die Hamburger Autoverbände entdeckten prompt „gezielte Indoktrination“. Schließlich finden sich in der Geschichte, in der eine Mäusefamilie mit dem neuen Auto den Wald vernichtet, Sätze wie: „Wer Auto fährt und Baume fällt, gefährdet uns're schöne Welt.“

Oder: „Wenn jede Maus ein Auto hat, wird Hein ganz reich und immer satt.“Hein, dies der Gipfel der Kindsverhetzung, ist ein Schwein und Autohändler. Fassungslos kommentiert Erwin Wolkenhauer, Präsident des Landesverbandes des Kraftfahrzeuggewerbes in einem Schreiben an Schulsenatorin Raab: „Das Schwein, der Autohändler, wird ganz reich. Wer die Renditen im Autohandel kennt, weiß, daß diese Assoziation (Autohändler = reich), fern jeder Realität liegt.“

In einem Schreiben an Henning Voscherau drohen nun die Fahrlehrer: „Wir werden alle unsere Möglichkeiten ausschöpfen.“