ErzieherInnen bleiben im Osten

■ Weil die Anfahrtswege zu lang sind, wollen Betreuerinnen aus dem Ostteil nicht in den westlichen Randgebieten arbeiten. Öffnung von zwei Kitas in Spandau bedroht

Weil sich in Spandau nicht genügend BetreuerInnen finden, kann der Bezirk zwei neugebaute Kindertagesstätten in der Spandauer Straße und am Flughafen Gatow möglicherweise nicht eröffnen: „Wenn nicht bald etwas passiert, können die Kitas im August nicht im vollen Umfang aufmachen“, sagte Spandaus Jugendstadtrat Fredy Stach (SPD). Für die 200 neuen Plätze würden rund 25 ErzieherInnen gebraucht. Das Interesse an den Arbeitsplätzen sei bisher sehr gering.

Spandau und alle anderen Bezirke, die ErzieherInnen benötigen, dürfen nur noch BetreuerInnen aus der sogenannten Überhangliste einstellen. Diese kommen ausschließlich aus dem Ostteil der Stadt, weil es dort wegen des Geburtenrückgangs und dem Wegzug von Familien immer weniger Bedarf für Kindertagesstätten gibt. „Die Mitarbeiter aus den Ost- bezirken wollen nicht nach Spandau kommen“, klagt der Jugendstadtrat. Die Anfahrtswege zur künftigen Arbeitsstelle seien ihnen zu weit. Auf der Überhangliste des Senats stehen derzeit 317 ErzieherInnen.

Nach den Kriterien Lebensalter, Betriebszugehörigkeit und soziale Situation werden die ErzieherInnen in den Überhang eingestuft. Dabei gilt: Wer selbst kleine Kinder hat, alleinerziehend ist oder schon lange in einer Kita arbeitet, bekommt viele Punkte. Je mehr Punkte eine ErzieherIn sammelt, desto geringer ist die Chance, auf die Liste zu kommen.

Neben den langen Anfahrtswegen gibt es jedoch andere Probleme. So gibt es Einrichtungen, wie die Kita „Pinocchio“ in Prenzlauer Berg, in der gleich drei ErzieherInnen auf der Liste stehen. „Für Kinder bedeutet das, daß sie ständig wechselnde Bezugspersonen vorgesetzt bekommen“, klagt eine Mutter. So gebe es Kinder, die bereits viermal eine neue Erzieherin vorgesetzt bekommen hätten. Und auch der Altersdurchschnitt steigt rapide an: „Weil die jungen Frauen gehen müssen, sind jetzt zu viele ältere ErzieherInnen in den Kitas“, hat die Mutter beobachtet. Diese seien häufig weniger motiviert und teils pädagogisch nicht auf dem neuesten Stand.

Auch Jugendstadtrat Burkhard Kleinert (PDS) aus Prenzlauer Berg kritisiert die „starre“ Überhangliste. Seine Verwaltung versuche dennoch, persönliche Lebensumstände bei dem Umsetzungen zu berücksichtigen: „Manchmal können wir sogar für die BetreuerInnen geeignete Arbeitsplätze im eigenen Bezirk vermitteln.“ Das muß nicht unbedingt in einer Kindertagesstätte sein. „Überhang“- ErzieherInnen kämen auch im Sozialpädagogischen Dienst unter. Jedoch fordert Kleinert mehr Flexibilität. Die Versetzung von Kita- ErzieherInnen in Jugendfreizeiteinrichtungen sei am Widerstand der BetreuerInnen gescheitert.

Der erzieherlose Bezirk Spandau hofft jetzt, mit einer Werbeaktion in den östlichen Bezirken um neue ErzieherInnen zu buhlen. „Wir werden dort klarmachen, daß wir auch ein sehr schöner Bezirk zum Arbeiten sind“, sagt Fredy Stach hoffnungsvoll. Julia Naumann