KSC läßt Matchball verwandeln

Wegen des Bremer Sieges bei 1860 München darf der Karlsruher SC nach dem 1:1 in Freiburg ausnahmsweise mal nicht in den UI-Cup  ■ Aus Freiburg Frank Ketterer

Thorsten Fink und Sean Dundee rissen als erste die Arme hoch. Mit fröhlichem Lachen fielen sie sich um den Hals, um noch im selben Moment ausgelassen über die saftiggrüne Spielwiese zu hüpfen. Ihnen am schnellsten gleich taten es die Kicker Schuster, Keller, Carl und Hengen, und als auch Präsident Roland Schmider den Ort des Jubels erreicht hatte, war die blau- weiße Belegschaft endlich einiglich zusammen und feierte eine fröhliche Ringel-Ringel-Reihen-Orgie, wie das sonst nur Kinder im Vorschulalter tun. Und die Fans, die so manches Mal enttäuscht worden waren während dieser 34. Bundesligasaison, hüpften und jubelten mit und warfen ihre Kicker vor Freude in die Luft. Erst Dirk Schuster, dann Thomas Häßler, dann nochmal Dirk Schuster. Und schließlich rollten sie ein Spruchband aus, auf dem geradezu Unglaubliches zu lesen war: „Wir sind stolz auf Euch.“

Das war nicht immer so in dieser Saison beim Karlsruher SC. Daran wird wohl auch Trainer Winfried Schäfer gedacht haben, als er in der Pressekonferenz feststellen durfte, daß sein KSC die Big Points mit Siegen gegen Düsseldorf und die Münchner Löwen gemacht habe „und heute den Matchball verwandelt hat“. Was schon eine seltsame Beschreibung war, denn genaugenommen hatten nicht die eigenen Angestellten mit ihrem 1:1 beim SC Freiburg die Sache mit der neuerlichen Uefa-Cup-Teilnahme sichergestellt, sondern die Kollegen aus Bremen, die sich bei ihrem 3:0-Sieg gegen den TSV 1860 München dankenswerterweise weit mehr angestrengt zu haben scheinen als die Karlsruher selbst beim Absteiger. Denn so richtigen Drang ins internationale Millionengeschäft ließen die KSC-Kicker auch in diesem letzten Spiel vermissen. Vielleicht hatten sie selbst nicht an einen Ausrutscher der Löwen geglaubt, und als die Anzeigetafel im Dreisamstadion das 0:2 aus München vermeldete, war klar, daß ihnen auch ein Unentschieden reichen würde.

So kam es, daß Trainer Schäfer hernach Worte sagen konnte, die kürzlich noch kaum einer für möglich gehalten hätte. „Es hat gereicht“, sprach der „wilde Winnie“ und sah dabei sehr zufrieden aus, „es war alles richtig“. Widerspruch zwecklos, Bedenken verboten. Der KSC kickt wieder international. Klassenziel erreicht also. Schäfer hat's wieder mal geschafft. Ende gut, alles gut.

Wie sehr diese Saison, Schäfers schwerste in elf Jahren Karlsruhe, am Gemüt genagt haben dürfte, wird in Nebensätzen deutlich. Dann nämlich, wenn der Übungsleiter von der „eher mäßigen Rückrunde“ spricht und von den „inneren Querelen, Wechselgerüchten und Verletzungen“. Wenn Bröndby Kopenhagen und Energie Cottbus an seinem inneren Auge vorbeiziehen, und er sich an vereinzelte Zeitungsartikel erinnert, in dem er, er selbst, schon zur Diskussion gestellt wurde. Kritik gab's häufig, häufig zu Recht. Auch wenn Schäfer das anders sieht, schon weil Thomas Häßler, sein Spielmacher, so lange Zeit verletzungsbedingt fehlte. „Ein halbes Jahr auf Icke zu verzichten, das kann keine Mannschaft der Welt verkraften“, sagt Schäfer fast trotzig. Und: „Wenn Icke die ganze Zeit dabei gewesen wäre, dann hätten wir um den zweiten Tabellenplatz mitgespielt.“

Jetzt ist es halt Rang sechs, und die wichtigste Erkenntnis im Badischen vielleicht die, daß selbst eine eher verkorkste Saison dem KSC mittlerweile schon reicht fürs internationale Geschäft. Die Uefa- Cup-Teilnahme als Standard, da wollen sie hin. Daß nun Dirk Schuster, Thorsten Fink, Michael Tarnat und Eberhard Carl ihre Zelte abbrechen, soll an diesem Ziel nichts ändern. Mit dem ghanaischen Mittelfeldspieler Alex Nyarko (FC Basel), dem belgischen Nationalspieler Gunther Schepens (Standard Lüttich) und Stürmer Radoslav Gilewicz (VfB Stuttgart) glaubt Schäfer, die Lücken schließen zu können, außerdem will er mit Markus Schroth, Raphael Krauss und Markus Bähr verstärkt eigenen Nachwuchs in die Mannschaft einbauen. Nach Verstärkung für den Deckungsverbund wird noch gefahndet, und wenn dann ein richtig großer Spieler in Karlsruhe anklopfen sollte, so groß wie Thomas Häßler zum Beispiel, würde Schäfer natürlich auch nicht nein sagen.

Karlsruher SC: Reitmaier – Hengen – Reich, Krauss – Keller, Fink, Häßler (81. Schuster), Tarnat, Wück (90. Wittwer) – Dundee, Schroth (46. Carl)

Zuschauer: 22.500; Tore: 0:1 Tarnat (15.), 1:1 Jurcevic (36.)

SC Freiburg: Schmadtke – Vogel – Sundermann, Buric – Sternkopf (75. Seretis), Zeyer, Guezmir (46. Freund), Heidenreich, Frontzeck – Jurcevic, Spies (87. Neitzel)