Erfolg für Boliviens Exdiktator Hugo Banzer

■ Bei den Präsidentschaftswahlen liegt der ehemalige Putschgeneral in Führung

La Paz (taz) – Die Kinder nutzten den Sonntag, um auf den Straßen von La Paz Fußball zu spielen. Am Wahltag dürfen in Bolivien keine Autos fahren. Am sonnigen Wahlsonntag wird La Paz auf diese Weise zum stillen Erholungsort. Das Autofahrverbot ist nicht die einzige Beschränkung: Ganze 48 Stunden vor der Wahl darf im ganzen Land kein Alkohol ausgeschenkt werden. Von der Eckkneipe bis zum Nobelrestaurant halten sich alle an dieses Verbot.

„Der diesjährige Wahlkampf war arm“, beschwert sich eine 25jährige Studentin in der Warteschlange im Wahllokal im Stadtteil Miraflores. „Die Unterschiede zwischen den Parteien verschwinden immer mehr“, meint sie. „Daher wähle ich eben MNR, ich will, daß das Land stabil bleibt“, fährt sie fort. Die MNR, die Bewegung der nationalen Revolution, war die bisherige Regierungspartei. Sie wird aller Voraussicht nach in den nächsten fünf Jahren nicht den Präsidenten stellen. Ihr Präsidentschaftskandidat Juan Carlos Duran bekam nur 17,7 Prozent der Stimmen und liegt damit auf Platz zwei.

Der Wahlsieger präsentiert sich um viertel nach elf der müden Presse und läßt sich mit seinem Titel anreden: „General Banzer“. Der 71jährige Exdiktator hat mit rund 22 Prozent der Stimmen den ersten Platz im Präsidentenrennen erreicht. Es sieht ganz danach aus, als würde er der nächste Präsident Boliviens werden. Seine Partei ADN hat mit ihm einen großen Erfolg gefeiert und wird vermutlich leicht Partner für eine Wahl Banzers im neugewählten Kongreß finden. Bekommt ein Kandidat nach dem bolivianischen Wahlsystem nicht im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit, dann wählt das Parlament im zweiten Wahlgang am 4. August den Präsidenten in einer Stichwahl zwischen dem Erst- und Zweiplazierten.

Beim derzeitigen Stand würde das Rennen also zwischen Banzer und dem MNR-Kandidaten Juan Carlos Duran entschieden.

Der sozialdemokratische Expräsident Jaime Paz Zamora (MIR) kam danach auf 16,6 Prozent. Die einzige weibliche Bewerberin, die Ureinwohnerin Remedios Loza von der Partei Gewissen des Vaterlandes (Condepa), lag den Nachwahlumfragen des katholischen Instituts Grupo Fides zufolge mit 11,8 Prozent auf dem fünften Platz.

Seinen Anspruch auf das Präsidentenamt hat Banzer schon in der Wahlnacht angemeldet. Ein zweit- oder drittplazierter Kandidat könne schon allein deswegen nicht Präsident werden, „da wir einen großen Vorsprung haben“. Paz Zamora hat Banzer offiziell zu seinem guten Abschneiden gratuliert, feierte aber auch sein Ergebnis als Erfolg, „da die Opposition stark gewonnen“ habe und das Ergebnis ein „Rückschlag für die Regierung“ sei.

Offenbar hat dem MIR die Diskussion geschadet, ob sein Kandidat Jaime Paz Zamora Beziehungen zu Drogenbaronen habe. Seit die USA ihm sein Einreisevisum mit dieser Begründung verweigert hatte, sah sich der MIR nur noch mit diesem Thema konfrontiert – sonst wäre durchaus ein Kopf-an- Kopf-Rennen Paz Zamora gegen Banzer drin gewesen.

Noch ist Banzer nicht vom Parlament gewählt, aber bei der Wahlparty im Radisson Hotel feierten ihn seine Anhänger schon begeistert mit „Ban-zer-Ban-zer“-Chören und ließen vereinzelt Raketen und Feuerwerkskörper in der Stadt los. Ingo Malcher

Portrait Seite 11